Vor dem Spiel stand fest: Mit einer solchen Rumpf-Truppe voller Notlösungen kann man eigentlich in Dortmund nichts holen.
Nach dem Spiel stand fest: Kann man doch.
Grundformationen. Besonders sinnvolle Anpassung durch Korkut, dass mit Briand ein schneller Spieler auf der Außenbahn spielt statt eines langsamen Spielers (Kiyotake). |
Die erste Halbzeit
In der Anfangsphase störte 96 wie bereits in einigen vorangegangenen Spielen recht früh und stand – nicht nur angesichts der Personalsorgen – überraschend hoch. Gegen den Dortmunder Spielaufbau stellte sich 96 in einem 4-4-2 mit Kiyotake zumeist recht klar auf einer Höhe mit Joselu. Nach dem Druck der ersten zehn Minuten ließ 96 im Druck nach und die beiden Stürmer störten die ballführenden Dortmunder kaum. In dieser Phase orientierte sich Jimmy Briand vom rechten Flügel auffallend stark ins Zentrum und versuchte so wohl, gemeinsam mit Manuel Schmiedebach die Kreise von Marco Reus und Ilkay Gündogan einzugrenzen. Über die gesamte erste Halbzeit hinweg verfolgte Manuel Schmiedebach diese Strategie alleine. Immer wieder erkannte man, dass er sich in seinen Bewegungen an Gündogan orientierte, um so bei der richtigen Gelegenheit Zugriff auf ihn herstellen zu können. Darin lag allerdings auch eine der Ursachen für eines der beiden Hauptprobleme der Hannoverschen Defensive im ersten Durchgang: den Dortmundern wurden immer wieder recht große Räume in ihrem Zehnerraum geboten, die die einrückenden Mkhitaryan und Reus zu nutzen versuchten. So konnte Dortmund das ein oder andere Mal diese Lücken bespielen und mit dem Ball am Fuß auf die Abwehr von 96 zulaufen. Diese stand insgesamt ein gutes Stück tiefer als in den meisten bisherigen Spielen. In der Anfangsphase mussten Gülselam und Schmiedebach daher recht große Spielfeldbereiche nahezu alleine abdecken, der Zwischenlinienraum zwischen Abwehr und Mittelfeld geriet dennoch das ein oder andere Mal zu groß. War Dortmund in diesen Zonen im Ballbesitz, mussten die Innenverteidiger oftmals durch Antizipieren herausrücken und „nach vorne verteidigen“. Dies geschah wohlgemerkt durch die tiefe Positionierung der Abwehr fast ausschließlich im eigenen defensiven Drittel und nicht wie in der modernen Interpretation weiter vorne. Besonders Felipe kam diese Spielanlage zwar entgegen, riskant blieb sie dennoch, da auch die Absicherung hinter dem Herausrückenden nicht immer sattelfest aussah.
Liefen mehrere Dortmunder dennoch einmal auf die Abwehr zu, zog sich die Viererkette einige Male extrem stark zusammen. Die Absicht hinter dieser enormen horizontalen Kompaktheit war, Schnittstellenpässe auf die sehr schnellen Stürmer der Dortmunder zu verhindern, was auch in nahezu allen Situationen gelang. Diese Sicherheit wurde jedoch mit natürlich offenen Räumen auf den Außen der Viererkette erkauft. Bis zur etwa 35. Minute ging dies dennoch oftmals gut, bis die Dortmunder diesen Platz erkannten und ihn durch den vor allem nach links ausweichenden Aubameyang und den nun offensiver auftretenden Durm zu nutzen versuchten. So kamen die Gastgeber ein ums andere Mal zu Flanken von ihrer linken Seite, doch an dieser Stelle offenbarte sich der bereits im Vorbericht angedeutete Vorteil der Besetzung einer Abwehrkette aus lauter Innenverteidigern: nach hohen Hereingaben (egal ob Flanken oder Standards) besaß 96 in allen Situationen mit einer Ausnahme (Chance Hummels, Parade Zieler) die Lufthoheit und geriet nicht in größere Gefahr. Gegen den Ball agierte 96 mit den beiden auffällig stark auf den Außenbahnen unterstützenden Sechsern somit vertikal abgesehen von der Anfangsphase durchaus kompakt, offenbarte aber (auch bedingt eben durch das Aushelfen der Sechser) einige Lücken im Zwischenlinienraum bzw. im eigenen Sechserraum.
Der BVB passte sich in seinen Bemühungen im Spielaufbau merklich dem Hannoverschen Spiel bzw. seinen vorher absehbaren Problemen an. Sven Bender kippte zwischen die beiden breit auffächernden Innenverteidiger ab, Ilkay Gündogan hielt Kontakt zu ihm, um die Mannschaftsteile miteinander zu verbinden. Doch trotz des eher zurückhaltenden Spiels von 96 gegen den Ball schaffte es Dortmund nur selten, durch ein planvolles Passspiel in die durch 96 gebotenen Räume zu kommen. Stattdessen konzentrierten sie sich allerdings auf sehr frühzeitig gespielte lange, hohe Bälle in den Bereich hinter den 96-Außenverteidigern. Mit den nachstoßenden eigenen Außenverteidigern (besonders Piszcek) und den Flügelspielern (seltener Mkhitaryan) versuchten sie so, sich die Schnelligkeitsdefizite von Schulz und Stankevicius zu Nutze zu machen. Dort an den Ball gekommen, brachten sie ihn oft direkt in den Strafraum oder legten flach auf Mkhitaryan, den sich immer wieder in den Zehnerraum fallen lassenden Aubameyang oder einen nachstoßenden Sechser ab, um von dort abzuschließen. So entstand auch die sehr gute Chance durch Henrikh Mkhitaryan in der 12. Minute, die von Zieler (wem auch sonst) gut vereitelt wurde. Dieses Muster wiederholte sich in der ersten Halbzeit sehr oft, weil es auch natürlich erfolgversprechend war. 96 passte sich daran maximal leicht an, indem die Abwehr in einigen Situationen noch ein Stück tiefer agierte und so mehr Zeit hatte, den langen Ball zu verteidigen und wieder in die Ordnung zu finden. Doch durch die offenen Räume vor der 96-Abwehr, die guten Bewegungen von Mkhitaryan und Reus sowie in Folge der langen Bälle in den Rücken der gegnerischen Außenverteidiger kam der BVB in der ersten Halbzeit zu einer Vielzahl wirklich guter Torchancen, scheiterte jedoch entweder an Zieler oder an der eigenen Genauigkeit.
Besaß 96 einmal den Ball in den eigenen Reihen, gab es nur zwei oder drei erkennbare, simple Muster. Im Spielaufbau zog sich die Viererkette in die Breite, ohne dass die Außenverteidiger (welch Überraschung) hoch schoben. Die beiden Sechser waren merklich um eine Absicherung im defensiven Mittelfeld bedacht, sodass nur sehr selten Ceyhun Gülselam abkippte. So spielte 96 sich den Ball in der Abwehr ein paar Mal zu, hin und wieder wurde Zieler kurz eingebunden. Sobald einer der Dortmunder Stürmer (aus dem 4-4-2 mit hohen Außen oder manchmal durch asymmetrisch höheren Reus aus dem 4-3-3) das Signal zum Pressen gab, spielte einer der Innenverteidiger direkt einen langen Ball auf Joselu (und seltener Briand). Der Sinn hinter diesem sehr groben Spielaufbau lag darin, gar nicht erst in die Probleme durch das intensive Dortmunder Pressing im Mittelfeld zu geraten und dann leicht ungeordnet in den Konter zu geraten. Durch den langen Ball wurde das Mittelfeld einfach absichtlich überspielt und die Gefahr des Ballverlustes auf nahezu Null gesenkt. Konnte der Zielspieler das lange Anspiel verwerten, standen ihm die auch bei Ballbesitz eingerückt agierenden Flügelspieler sowie meist ein diagonal aufrückender Sechser als Ablagemöglichkeit zur Verfügung. Doch selbst wenn Joselu oder Briand die Duelle um den langen Ball verloren, bestand der Vorteil der schnell geschaffenen lokalen Ballungen darin, sofort selber in gegenpressinghafte Aktionen übergehen zu können. Zwar pressten die 96-Spieler nicht wirklich aktiv gegen den gerade verlorenen Ball, aber alleine ihre numerisch teilweise recht hohe Anwesenheit in Ballnähe beraubte die Dortmunder einiger Möglichkeiten, schnell umzuschalten. Das zweite Muster im 96-Ballbesitz bestand darin, dass der noch nicht unter großem Druck stehende Außenverteidiger, nachdem die Pressingaktion durch die Dortmunder eingeleitet wurde, den Ball die Linie entlang flach zum Außenspieler beförderte. Diese Pässe waren vor allem zwischen Stankevicius und Briand zu beobachten, die Passdistanz betrug dabei oft mehr als 20 Meter, worunter die Präzision dennoch nicht litt. Auch im Anschluss daran wurde versucht, mit Hilfe der Sechser mit einer Ablage in die Spitze zu spielen. Somit war im Passspiel der prägende Mechanismus der, der bereits in der Vorbereitung zu beobachten war: schnelle, direkte Ablage-Angriffe, die schnell in die Spitze führen sollten. Auch in Umschaltsituationen, welche sich allerdings kaum boten, griff 96 auf dieses Prinzip zurück, was zu der durchaus ansehnlich herausgespielten Chance für den leider im Abseits stehenden Bittencourt führte.
Doch wenig überraschend führten diese zaghaften Angriffsversuche von Seiten 96igs nur in zwei, drei Situationen zu einigermaßen durchschlagskräftigen Aktionen gegen wie gewohnt intensiv pressende Dortmunder. Auf der anderen Seite verteidigte Hannover im ersten Drittel gewohnt robust und konsequent, hatte aber mit den vorhersehbaren Problemen auf den Außenbahnen sowie teilweise dadurch hervorgerufene Probleme im Sechser- und Zwischenlinienraum zu kämpfen. Dortmund kam vor allem über recht schlichte Versuche zu guten Chancen, nutzte diese allerdings nicht. Zum Glück für 96 konnten die Dortmunder auch in diesem Spiel ihre zuletzt gesehenen leichten Probleme im Ballbesitz nicht vollständig beheben und scheiterten mit ihren Möglichkeiten oft an Zieler, sodass es mit einem für 96 schmeichelhaften, aber erkämpfen 0:0 in die Pause ging.
Die zweite Halbzeit
So kam es, wie es kommen musste und Hiroshi Kiyotake brachte 96 mit einem direkt verwandelten Freistoß in Führung. Im Anschluss an dieses Tor wurden die Dortmunder Bemühungen im Spielaufbau etwas überhastet und die Staffelungen zu gestreckt. 96 nutzte immer wieder ungenaue Zuspiele der Schwarz-Gelben und schaltete nun noch direkter und geradliniger um. So kamen die Roten in den Minuten nach dem Führungstor zu zwei wirklich guten Möglichkeiten, den Vorsprung auf zwei Tore zu erhöhen, nachdem der Ball direkt zu Joselu in die Spitze gespielt wurde, der ihn seinerseits rasch auf seinen nächsten Mitspieler (einmal Kiyotake) weiterleitete.
Nach dieser Phase der Unordnung im Dortmunder Spiel zog sich 96 noch weiter in die eigene Hälfte zurück und war erneut darauf bedacht, möglichst kompakt zu stehen. Bis auf Joselu befanden sich nun nicht nur wie in der ersten Halbzeit alle Spieler hinter dem Ball, sondern jetzt zumeist auch in der eigenen Hälfte. Die Flügelspieler standen teilweise so tief, dass 96 eine Sechserkette vor dem Strafraum aufbaute, doch insbesondere Bittencourt auf dem linken Flügel ließ das eine oder andere Mal zu viel Platz für Piszcek in seinem Rücken, sodass dieser den Ball in den Sechzehner bringen oder in den Rückraum ablegen konnte. Doch wie in der ersten Halbzeit besaß 96 in nahezu allen Situationen die Lufthoheit dank der vier großgewachsenen Innenverteidiger. Dortmund wiederum schob die offensiven Außenspieler noch ein Stück weiter vor als zuvor, um die Ansätze des Hannoverschen Spielaufbaus noch stärker zu unterdrücken, jedoch besaß 96 im zweiten Durchgang nach dem Tor ohnehin kaum noch den Ball. Nach der zu einem großen Teil durch Leo Bittencourt verursachten gelb-roten Karte für den bis dahin sehr starken Gülselam ging der zuvor eingewechselte Artur Sobiech auf die Doppelsechs neben Maurice Hirsch, der wenige Minuten davor wiederum den verletzten Stankevicius ersetzt hatte. Manuel Schmiedebach besetzte nun die Position des rechten Verteidigers und trug so dazu bei, dass die Flanken von der rechten Seite etwas abnahmen. Dortmund brachte noch einmal Immobile und Sokratis, um die Durchschlagskraft zu vergrößern und kopfballstarke Spieler zu besitzen, 96 verteidigte aber sehr diszipliniert und konsequent die knappe Führung bis zum erlösenden Schlusspfiff.
[…] Probleme die hintere Kaderposition eines Defensivallrounders besetzen – er kam ablösefrei, machte eineinhalb gute Spiele als er gebraucht wurde und spielt mittlerweile in der zweiten spanischen […]