Rückrundenvorbereitung

In diesem Artikel werfen wir einen kurzen Blick auf die Vorbereitung von Hannover 96 auf die Rückrunde 2015. Im Fokus stehen dabei die Testspielauftritte.

96 hatte die Hinrunde mit einigen spielerisch guten, aber insgesamt eher instabilen Leistungen abgeschlossen. In der Vorbereitungsphase standen Tayfun Korkut und sein Team nun vor der Herausforderung, die Mannschaft zur gewünschten Balance und defensiven Stabilität zurückzuführen – und gleichzeitig die guten Ansätze in Ballbesitz und Angriffspiel zu verfestigen.

Im ersten Testspiel der Vorbereitung wurde bereits ersichtlich, dass die Arbeit an den defensiven Abläufen gefruchtet hatte. Beim 0:0 gegen Basaksehir Istanbul hatte 96 defensiv über das gesamte Spiel so gut wie keine Probleme und stand insgesamt gegen den Ball recht kompakt und stabil, ohne gegen den gegnerischen Spielaufbau zu drucklos zu agieren. Die Mechanismen im Spiel bei gegnerischem Ballbesitz waren größtenteils dieselben wie in der abgelaufenen Hinrunde; das ballorientierte Verschieben erfolgte gewohnt intensiv und die teilweise vorhandenen Probleme bei Kontern des Gegners aus den vergangenen Bundesligaspielen zeigten sich nicht. Darüber hinaus gehende Erkenntnisse konnten aus diesem Testspiel jedoch kaum gezogen werden. In der taktischen Ausrichtung der Istanbuler ließen sich gewisse Parallelen zu Korkuts Elf erkennen, sodass der von Korkuts ehemaligem Vorgesetzten Abdullah Avci betreute Tabellenvierte der türkischen Süper Lig zu einem Spiel mit relativ klaren Zuordnungen und eher gleichförmigen Abläufen beitrug. Vor allem aber war der Platz durch die sehr regnerischen Tage in Antalya extrem aufgeweicht und bereits nach wenigen gespielten Minuten kaum noch für anspruchsvolleres Kombinationsspiel geeignet. Dementsprechend griff 96 im Spielaufbau verhältnismäßig oft auf lange Bälle in die Spitze zurück und war um noch schnelleres Ausspielen der eigenen Angriffe bemüht, konnte allerdings keinen dauerhaften Spielfluss herstellen. Für die Arbeit im Ballbesitzspiel und Spielaufbau blieb diese Testbegegnung folglich ein Muster ohne Wert. Die frühe Verletzung von Edgar Prib, der den beim Asiencup weilenden Hiroshi Kiyotake auf der linken Offensivseite vertreten sollte, gab dem zumindest aus defensiver Sicht zufriedenstellenden Test zudem einen bitteren Beigeschmack.

Zwei Tage später waren sowohl das Wetter, als auch der Platz in einem deutlich besseren Zustand. Mit den Young Boys Bern erwartete 96 zudem ein noch auf europäischer Bühne vertretener Gegner. Insgesamt ließen sich deutlich mehr Rückschlüsse auf die Erfolge der Trainingsarbeit und die weitere Entwicklung der Mannschaft ziehen, da 96 in der ersten Halbzeit auch in einer durch und durch bundesligatauglichen Besetzung auftrat. Die Berner stellten 96 mit einem relativ variablen, aber auch höherem und aggressiverem Pressing vor größere Herausforderungen als noch Istanbul. Dennoch zeigte Hannover einige starke Ansätze, sich spielerisch und planvoll mit flachen Pässen zu befreien und offenbarte einen guten Zug im Spiel nach vorne. Mit einer teilweise sehr guten Raumbesetzung in der ersten Phase des Ballbesitzes und möglichst kurzen, druckvollen Flachpässen spielte sich 96 einige Male aus dem Spielaufbau heraus bis in die Spitze und erarbeitete sich eine gute Anzahl von Torchancen. Die Außenverteidiger hielten im Spielaufbau einen recht engen Kontakt zu den gewohnt breit aufgefächerten Innenverteidigern, die Bewegungen der beiden Sechser waren recht gut aufeinander abgestimmt. Die beiden Flügelspieler waren im zweiten Drittel horizontal noch ein wenig flexibler und orientierten sich im weiteren Verlauf der Angriffe oft in den Halbraum, um den offensiver ausgerichteten Außenverteidigern die Außenbahn zu öffnen. Lars Stindl zeigte sich wieder etwas weiträumiger und konstanter im ballfordernden Zurückfallen, Joselu agierte gewohnt flexibel und tief unterstützend. Korkut forderte sein Team immer wieder von der Seitenlinie aus auf, „Rhythmus reinzukriegen“ und seine Mannschaft setzte die Vorgabe weitgehend ansehnlich um. Mit Druckpässen spielte 96 seine gute, ausgewogene Staffelung aus und kombinierte sich dank zurückfallender, sich kurz anbietender Spieler mit nun klarerer Dreiecksbildung ansehnlich bis ins hohe zweite Drittel. Von dort spielte Hannover die Angriffe klar, schnell zu Ende und verzichtete weitgehend auf hohe Hereingaben von den Flügeln. Wenn sich 96 festgespielt hatte, egal ob im Spielaufbau oder vor dem Tor, suchten sie spielerisch die Befreiung und suchten mit Rückpässen den strukturierten Neuanfang. Wegen des teilweise guten Pressings des schweizerischen Erstligisten wurden die Innenverteidiger oder der erneut gut eingebundene Zieler zu wenigen langen Bällen gezwungen. Insgesamt erspielte sich Hannover ein paar gute Chancen, nutzte diese jedoch nicht und vergab die ein oder andere Kontersituation. So musste eine Standardsituation für das Siegtor herhalten. In der zweiten Halbzeit benötigte die nahezu komplett durchgewechselte Mannschaft ein paar Minuten, um „in die Struktur zu kommen“. Danach fand jedoch auch die in der Defensive extrem routinierte und in der Offensive sehr junge und talentierte Mannschaft immer besser ins Spiel. Bis auf ein paar wenige Situationen konnte sich Bern keine guten Chancen mehr erarbeiten und 96 nutzte seine Gelegenheiten weiterhin nicht. So blieb es am Ende beim zu niedrig ausgefallenen 1:0-Sieg und der Hoffnung, die Fortschritte im Spielaufbau und Ballbesitz könnten sich in den kommenden Auftritten verfestigen.

Die Hoffnung wurde bestätigt.

Gegen den ehemaligen tschechischen Champions-League-Teilnehmer Viktoria Pilsen bot Tayfun Korkut die voraussichtliche Startelf für den Rückrundenauftakt auf. Die Tschechen traten im Pressing weniger hoch und intensiv auf und ließen 96 so einiges an Platz zum Aufrücken und Kombinieren im Aufbau. Die Ansätze aus der Partie gegen Bern wurden bestätigt, Hannover überzeugte mit guten Abständen zwischen den Akteuren, guter Raumaufteilung und variablen Abläufen im Spielaufbau auf. Manuel Schmiedebach und Ceyhun Gülselam waren mal als Aufbauspieler mit dem Gesicht zum gegnerischen Tor (häufiger Schmiedebach), mal als tiefe Wandspieler auf der horizontalen Suche nach Lücken (häufiger Gülselam) gefragt und schulterten mit den Innenverteidigern und Zieler die Hauptlast im Aufbau. Die teilweise diagonal entgegenkommenden Flügelspieler, Stindl und der zurückfallende Joselu trugen erneut dazu bei, die Kombinationswege kurz zu halten und den Spielfluss zu gewährleisten. In engeren Situationen konnte sich 96 mit wenigen kurzen Rück- und Querpässen befreien und den schnellen, direkt kombinierten Weg Richtung Tor wieder aufnehmen. Die beschleunigenden Elemente sowohl im Spielaufbau, als auch im späteren Angriff bestanden in Ablagen entgegenkommender Akteure, was sich in vielerlei Hinsicht positiv auf das Spieltempo und die Erfolgsstabilität auswirkte (gegnerische Bewegungen, Passwinkel, Sichtfeld…). Durch die gut aufeinander abgestimmten Bewegungen der Spieler konnten immer wieder sehr gute Passwinkel gewährleistet werden, die Dreiecksbildung verlief sehr oft erfolgreich, und 96 überzeugte mit einem konstant guten Ballbesitzspiel, das von schnellen, vorzugsweise direkten Kombinationen zum Tor geprägt war. Die zu Saisonbeginn gesehenen Überladungen, um das Kombinieren zu vereinfachen, waren so gut wie nicht mehr nötig und der Anteil langer Bälle war merklich gesunken. Entschieden sich die Aufbauspieler doch dazu, wurden diese meist planvoll auf den ballnahen Flügel gespielt, wenn sich dort Raum für den startenden Flügelspieler ergab. Von dort wurde jedoch zumeist die flache Fortführung des Spiels gesucht, unbedachte Flanken gab es erneut kaum zu sehen. Die Außenverteidiger waren gleichermaßen stark in das Angriffsspiel eingebunden und gaben dem Spiel konstant Breite. Aus engeren Situationen befreite sich Hannover spielerisch mit Rückpässen und möglichst schnellen, flachen Verlagerungen, sodass 96 das Spiel nahezu vollständig dominierte und kaum in Bedrängnis geriet. Im Spiel gegen den Ball zeigte sich Korkuts Mannschaft erneut stabil und ausgewogen. Eine leichte Vertikalstaffelung zwischen den beiden Sechsern in der Flügelverteidigung und im Gegenpressing (wozu es jedoch nicht so viele Gelegenheiten gab) offensiv ausgerichtete Außenverteidiger führten zu hohem Druck auf den Gegner bei gleichzeitig guter Organisation. Gelegentlich gab es außerdem herausrückende Innenverteidiger zu sehen und das generelle Bewegungsspiel in der Defensive mit kurzzeitigen Positionsübernahmen machte einen flüssigen Eindruck. Insgesamt gab es also nichts an der Leistung des Teams zu bemängeln – hätte sie nicht erneut eine Vielzahl guter Torchancen ungenutzt verstreichen lassen. So musste die bereits in der vierten Minute nach einem recht schnörkellosen Flügelangriff über die linke Seite entstandene 1:0-Führung über die Zeit gebracht werden und mit ein wenig Pech wäre Pilsen in der Schlussphase noch zum Ausgleich gekommen.

Eine Variante der Staffelung im Spielaufbau mit in den jeweiligen Halbraum eingerückten Außenspielern, breiten Außenverteidigern und ein paar Dreiecken

Eine Variante der Staffelung im Spielaufbau mit in den jeweiligen Halbraum eingerückten Außenspielern, breiten Außenverteidigern und ein paar Dreiecken in der 11. Minute gegen Pilsen. Es folgt…

Entwicklung der oben gezeigten Szene. Die Außenverteidiger orientieren sich offensiv, Stindl ballorientiert, Joselu guckt was geht, Bittencourt als lange Entlastungsoption (Absicht? Man weiß es nicht)

… diese Entwicklung der oben gezeigten Szene. Die Außenverteidiger orientieren sich offensiv, Stindl ballorientiert, Joselu guckt was geht, Bittencourt als lange Entlastungsoption (Absicht? Man weiß es nicht), nach wie vor Dreiecke. Pilsen merkwürdig strukturiert.

Neuer Aufbau, diesmal erneut die schon zuvor gesehenen Prinzipien erkennbar.

Neuer Aufbau, diesmal erneut die schon zuvor gesehenen Prinzipien erkennbar. (Übrigens: Um Gottes Willen, Gülselam im Spielaufbau! Das kann ja gar nicht klappen! Die Welt ist nicht komplett untergegangen. Nicht mal den Ball haben sie verloren. Verrückt…)

Mal ein abkippender Sechser. Dazu noch das schon zuvor gesehene. Pilsen schon wieder ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Eigentlich könnte in Zukunft aber auch Zieler die Schmiedebach-Rolle einnehmen, aber das wäre wohl zu progressiv.

Mal ein abkippender Sechser. Dazu noch das schon zuvor gesehene. Pilsen schon wieder ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Eigentlich könnte in Zukunft gleich Zieler die Schmiedebach-Rolle einnehmen, aber das wäre wohl zu progressiv.

Während gegen den tschechischen Erstligisten die vermutliche Bestbesetzung den Großteil des Spiels bestritt, erhielten zum Abschluss des Trainingslagers in Belek die junge Garde und die routinierten Ergänzungsspieler ihre Einsatzchance. Beim 3:1-Sieg gegen den schweizerischen FC Aarau konnten einige der Nachwuchshoffnungen ihr Talent zeigen und es bestätigten sich auch ansonsten einige der Eindrücke aus den etwas kürzeren Einsätzen in den Begegnungen zuvor. Insgesamt offenbarten sich gegen den schwächsten Testspielgegner aber natürlich auch recht deutliche Qualitätsunterschiede zur voraussichtlichen ersten Elf. Sebastian Ernst überzeugte über das gesamte Trainingslager gesehen mit seiner technischen Klasse, seiner dosiert eingesetzten Flexibilität und seinen guten kombinativen Ansätzen als hängender Stürmer. Trotz einiger wenig überraschend vorhandener körperlicher Defizite scheint er in naher Zukunft eine vielversprechende Alternative für den Offensivbereich darstellen zu können. Der für Edgar Prib nachgereiste Mike-Steven Bähre konnte seine schon in der U19 zu sehende Weiträumigkeit und kombinationssuchende Art ansatzweise bestätigen, war jedoch auf dem Flügel damit nicht wirklich optimal eingebunden. Kenan Karaman bestätigte ebenfalls bei seinen Testspieleinsätzen erneut, dass er als Stürmer in der Spitze nur wenig von seiner Dynamik, seiner auffallenden technischen Veranlagung und seinen Ansätzen im Spielverständnis einbringen kann und fiel dort eher mit leichten Unsicherheiten und Nachlässigkeiten im Pressing auf. Sobald er sich in tieferen Spielfeldzonen und idealerweise von einer Außenposition einbringen konnte, war deutlich mehr Produktives in seiner Anlage zu erkennen. Fabian Pietler zeigte sich als Rechtsverteidiger insgesamt solide ohne größere Ausreißer nach oben oder unten. Tim Dierßen bestätigte die Vermutung, in zentraler Position mehr von seinen Bewegungen und seinen technischen Stärken profitieren zu können. Valmir Sulejmani kam verletzungsbedingt nur zu wenig Einsatzzeit, hinterließ auf der offensiven Außenposition aber keinen schlechten Eindruck mit eher linearen, schnellen Aktionen. Unter den Routiniers strahlte Marius Stankevicius nicht nur gegen Aarau eine bewundernswerte Ruhe und Souveränität als Innenverteidiger aus und wusste zudem mit einigen sehr starken Vertikalpässen im Spielaufbau zu überzeugen. Jan Schlaudraff kam die spielerische Dominanz und das nicht allzu hohe Tempo der Gegner entgegen, sodass er vor allem gegen eine tiefer stehende Hintermannschaft mit kurzen Dribblings und kreativen Schnittstellenpässen zu überzeugen wusste.

Am Ende blieb somit eine Testspielbilanz von drei Siegen, einem Unentschieden und einem Gegentor in vier Partien. Die mangelhafte Chancenverwertung verhinderte, dass 96 die teilweise sehr guten Fortschritte im Ballbesitzspiel und vor allem im Spielaufbau auch in den Ergebnissen widerspiegeln konnte. Die defensive Stabilität (wenngleich nicht dauerhaft gefordert) erwies sich als solides Fundament für ein dominantes und zielstrebiges Auftreten im Ballbesitz. Mit schnellen, eher schnörkellosen aber dennoch sehr ansehnlichen Kombinationen erarbeitete sich 96 einige gute Chancen aus dem Spiel heraus und überzeugte mit gutem Bewegungsspiel, einer guten Raumbesetzung und schönem, druckvoll kombiniertem Dreiecksspiel. Vor allem gegen Bern sah sich 96 dabei auch etwas höherem Druck gegen den Spielaufbau gegenüber, suchte aber auch unter diesen Voraussetzungen nach spielerischer Befreiung und nahm nach Möglichkeit mit schnellen, flachen Verlagerungen wieder Fahrt auf. 96 zeigte sich insgesamt in der Raumnutzung ausgewogen und stabil, sodass Tayfun Korkut ein bis auf die Verletzung Edgar Pribs durchweg positives Fazit des Trainingslagers in Belek ziehen konnte.

Nach der Rückkehr aus der Türkei erwartete 96 mit Werder Bremen einen Ligakonkurrenten zum letzten Testspiel vor dem Rückrundenstart gegen Schalke am 31. Januar. Wie bereits beim 2:0-Erfolg in der Sommervorbereitung in Bremen fand auch diese Testbegegnung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und kann als aussagekräftiger Gradmesser für den Stand der Vorbereitung auf die Bundesliga angesehen werden.

96 startete stark in die Begegnung mit einigen sehr guten, schnellen und direkten Kombinationen bis in das dritte Drittel. Mit erneut guter Raumbesetzung und gutem Fluss in den Verlagerungen ließ 96 die Bremer kaum ins Spiel kommen. Ein individueller Fehler Zielers führte dann zum frühen Rückstand (und später noch zu zwei weiteren guten Gelegenheiten). 96 war weiterhin darum bemüht, den spielerischen Faden zu halten und konnte vor allem mit guten Verlagerungen dem Spiel Breite verleihen und so eine einigermaßen stabile Ballzirkulation zu gewährleisten. Mit einem sehr sehenswerten Konter über Bittencourt und Lars Stindl kam Hannover wenige Minuten nach dem Rückstand zum leistungsgerechten Ausgleich und behielt danach auch das Heft des Handelns weitgehend in der Hand. Wie auch schon teilweise zuvor häuften sich nach etwa 20 Minuten jedoch trotz der erneut guten Organisation im Spielaufbau die Ballverluste, vor allem im Angriffsdrittel. Die situativ mannorientierte Spielweise der Bremer in Kombination mit ein paar Ungenauigkeiten im Passspiel Hannovers und zu träger Freilaufbewegungen führte immer wieder zu unnötigen Unterbrechungen des Spielflusses. 96 fand phasenweise keinen guten Rhythmus mehr, und die Bremer konnten mit Kontern ihre Mittelfeldraute und die Doppelspitze ein paar Mal gut in Szene setzen. Beide Mannschaften versuchten den Gegner früh zu stören, Hannover gelang eine spielerische Befreiung trotz der Probleme häufiger als den Gästen. Gegen Ende des ersten Durchgangs war das Tempo im Passspiel jedoch etwas zu gering, technische Ungenauigkeiten häuften sich, was durch die situativen Mannorientierungen Werders zu ein paar gefährlichen Umschaltgelegenheiten führte.

Defensiv stand 96 gegen den ruhigen Spielaufbau Bremens nur selten vor Problemen, die Ansätze einer stärkeren Vertikalstaffelung im zentralen Mittelfeld in der Flügelverteidigung bestätigten sich auch in dieser Begegnung. Nach Ballverlusten, die insgesamt zu häufig vorkamen und Bremen im Laufe der ersten Hälfte immer mehr Zugriff ermöglichten, war das Rückzugsverhalten und hin und wieder das Gegenpressing weitgehend stabil, offenbarte aber auch gegen Ende des ersten Durchgangs Anfälligkeiten. Im zweiten Drittel kombinierte Hannover nicht immer so flüssig und schnell wie noch in den Testspielen in der Türkei, sodass 96 in der ersten Halbzeit zwar eine deutlich reifere Spielanlage aufzeigte, die Bremer größtenteils über geschenkte Konter aber zu den insgesamt besseren Chancen kamen.

Personell unverändert betraten beide Mannschaften den Platz zur zweiten Halbzeit. 96 startete weniger passsicher ins Spiel, Bremen bekam durch höheren Druck auch mehr Zugriff als noch in der ersten Hälfte. Wurden ein paar schnelle Durchbrüche in die Spitze noch relativ leichtfertig vergeben, traf Joselu zur 2:1-Führung nachdem Schmiedebach den zweiten Ball nach einer Hereingabe von rechts sichern konnte und mit kurzer Verzögerung in den Strafraum durchsteckte. 96 blieb weiterhin recht stabil im Spielaufbau, fand aber nach wie vor nicht zu einem dauerhaft ansprechend hohen Passryhthmus. In der Defensive war Hannover teilweise anfällig für die nachrückenden Außenverteidiger und die eingewechselten schnellen Jugendspieler und fand hin und wieder keinen guten Zugriff gegen die aus dem personell stark besetzten Zentrum entspringenden schnellen Angriffe der Bremer. Hannover schenkte Junuzovic die Möglichkeit, einen Elfmeter geschenkt zu bekommen. Di Santo verwandelte zum Ausgleich. Im Anschluss wechselte Werder ordentlich durch und ein besonders ausgeprägter Spielfluss wollte nach wie vor nicht konstant entstehen, wenngleich 96 in einzelnen Angriffen nach wie vor mit gutem Ablagespiel und schnellen Pässen zwischen flexiblen Offensivkräften zu überzeugen wusste. Stattdessen wurden die Lücken in der Hannoverschen Abwehr stückweise immer größer, die Verschiebebewegungen und das Einrücken wurden unsauberer und das Zweikampfverhalten nachlässig. Im Ballbesitz wurde die Korkut-Elf teilweise zu unverbunden, was auch das Nachsetzen im Gegenpressing zusätzlich erschwerte. In Kombination mit den nach wie vor zu zahlreichen Ballverlusten wurde den Grün-Weißen so ein Übergewicht geschenkt, das sie sich spielerisch eher nicht selber erarbeiten konnten. Bremen kam dann erneut nach einem Konter im zweiten Versuch durch Aycicek zur Führung. Hannover, mittlerweile ebenfalls mit einigen Wechseln, drängte in der Schlussphase noch einmal, traf durch Stindl jedoch nur die Latte.

So beendete 96 seine Testspielreihe in der Wintervorbereitung mit einer zunächst guten, am Ende eher schwachen Vorstellung. Waren auf der einen Seite nach wie vor eine phasenweise gute Raumaufteilung und ordentliche Ansätze im Spielaufbau und der Ballzirkulation zu sehen, baute Hannover defensiv zunehmend ab. Die Bremer trugen mit ihrem ziemlich mannorientierten, frühen Stören zu einigen Ballverlusten der sich etwas träge und unpassend freilaufenden Hannoveraner bei, sodass sie zu einigen guten Kontergelegenheiten kommen konnten. Im Angriffsspiel zeigte sich 96 strukturell bei Kontern gut, in der Ballzirkulation relativ zielstrebig und mit einigen schönen Kombinationen, ließ aber gelegentlich auch Präzision und Konsequenz vermissen. Am Ende wurde das Spiel immer zerfahrener und Bremen konnte gegen hoffentlich von der Vorbereitung müde 96-Spieler noch den Siegtreffer erzielen.

Fazit

Trotz des unerfreulichen Endes der Testspielreihe besteht auf jeden Fall Anlass zur Zufriedenheit mit der Wintervorbereitung. Gegen unterschiedlich auftretende Gegner konnte 96 mit verschiedenen Mechanismen im Spielaufbau zu einer stabilen und schnellen Ballzirkulation gelangen und dominierte sämtliche Begegnungen über weite Strecken. Gegen den Ball waren die aufgefrischten Abläufe in den ersten Testspielen gut zu erkennen, an den grundsätzlichen Mechanismen des Defensivverbunds änderte sich von kleinen Nuancen abgesehen nichts. Lediglich im abschließenden Test gegen Bremen erlaubte sich 96 in dieser Hinsicht einige Nachlässigkeiten, was jedoch nicht überbewertet werden sollte. Die Spielidee im Ballbesitz trat hingegen immer klarer ans Licht. Eine gute, ausgewogene Raumbesetzung im durch das Zentrum laufenden Spielaufbau, gut abgestimmte Bewegungen, druckvolle Pässe, direkte Kombinationen durch kurze Ablagen sich fallen lassender Spieler und die Suche nach Befreiung aus engen Räumen durch Dreiecke und Nutzen der Breite sollen mit schnellen, zielstrebigen Angriffen in die Spitze zum Abschluss gebracht werden. Gegen Bremen gab es in der Offensive von den beiden offensiver als in der Hinrunde ausgerichteten Außenverteidigern zu viele hohe Flanken zu sehen, aber in den Spielen zuvor trat 96 auch in diesem Bereich produktiver auf. Nun gilt es in der verbleibenden Woche bis zum Rückrundenstart auf Schalke, an den letzten Details im Spiel gegen den Ball zu arbeiten und die wirklich guten Fortschritte im gesamten Ballbesitzspiel leicht an den Gegner anzupassen. Die gesehenen Leistungen in der Vorbereitung sind keine Garantie auf eine erfolgreiche Rückrunde, aber der grundsätzliche Trend in der Entwicklung der Mannschaft zeigt wie erhofft auch in dieser Vorbereitungsphase zweifellos nach oben.

Voraussichtliche Startelf für den Rückrundenstart nach den Eindrücken aus Belek. Hin und wieder im Spielaufbau noch ein leicht aufrückender Marcelo. Felipe an Stelle von Schulz ist im Bereich des Möglichen, aber vermutlich eher als Option denn dauerhaft.

1 Kommentar

  • Le Raul sagt:

    Wir sind gegen den SVW ärgerlich unter Druck geraten. Im Aufbau haben sie immer noch phasenweise erstaunliche Schwierigkeiten.

    Aber ich habe große Hoffnungen auf die Rückrunde. Erstmal nicht gegen Schalke verlieren, dann wird das schon.

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