Seit mittlerweile mehr als sechs Jahren spielt Manuel Schmiedebach für Hannover 96. Aus der Jugendabteilung von Hertha BSC gekommen, läuft er seit dem Sommer 2009 für die 96-Profis auf. Seither stand er in mehr als 170 Pflichtspielen in der Bundesliga, dem DFB-Pokal und der Europa-League für die Roten auf dem Platz. Wobei vorweggenommen werden kann: stehen tut er eigentlich nie.
Okay, fast nie…
Manuel Schmiedebach ist einer der dienstältesten Spieler in den Reihen Hannovers, und er hat das volle Programm aus Abstiegskrimi und Europapokalnächten miterlebt. Über ihn als Menschen ist bekannt, dass er ungerne Interviews gibt, weil er in ihnen immer wieder erzählen muss, dass er keinen Führerschein besitzt. Auch weiß man dadurch, dass er gerne mit öffentlichen Verkehrsmitteln reist, Pfandflaschen zurückbringt, sich nicht um Popularität oder Extravaganz schert und einfach gerne Fußball spielt. Das alles ist ebenso hochgradig sympathisch wie im Prinzip uninteressant. Wenn man dann einen Blick auf die öffentliche Meinung zu Schmiedebachs fußballerischem Profil wirft, müsste man zu dem Schluss kommen, dass der 26-Jährige mit venezolanischen Wurzeln auch ein sympathischer, aber eher uninteressanter Spielertyp wäre. Regelmäßig wird er für sein Engagement, seine Bissigkeit und seine Ausdauer gelobt. Berichte über Schmiedebachs Spiel sind in der Regel gespickt mit Schlagworten wie „giftiger Zweikämpfer“, „kleiner Kämpfer“ oder der lapidaren Feststellung, er wäre mal wieder sehr viel gelaufen.
Das alles trifft zu. Schade allerdings ist, dass damit ein enorm großer und vor allem sehr viel interessanterer Teil seines fußballerischen Repertoires unterschlagen wird.
Unklare Rolle in der öffentlichen Bewertung
Was man aus diesen gegenübergestellten Beobachtungen schließen kann, ist die Tatsache, dass seine Bewertung als Fußballspieler etwas unklar ist. Oft war von Fans und Journalisten zum Beispiel in der Vergangenheit immer wieder zu lesen, 96 bräuchte (für die Position neben Schmiedebach) einen offensiven Sechser. Dementsprechend scheint der gebürtige Berliner als defensivorientierter zentraler Mittelfeldspieler angesehen zu werden. Möglicherweise rührt diese Einschätzung daher, dass Schmiedebach auf sein erstes Pflichtspieltor für 96 – natürlich – 96 Begegnungen warten musste und für seinen ersten Treffer in der Bundesliga sogar 120 Spiele Anlauf nahm. Offensichtlich ist die Vorstellung, ein Spieler könne offensiv ausgerichtet und gleichzeitig nicht torgefährlich sein, intuitiv nicht so leicht nachzuvollziehen. Warum Schmiedebach für einen defensiven Sechser gehalten wird, ist allerdings auf den ersten Blick einleuchtend und auch inhaltlich zumindest nicht falsch. Der 26-Jährige wirkt wie ein defensiver Sechser, weil er ein defensivstarker Sechser ist.
Gegen den Ball
Wenn die gegnerische Mannschaft im Ballbesitz ist, gibt es angenehmere Gegenspieler als Manuel Schmiedebach. Vor allem im direkten Duell um den Ball lässt er seinen Kontrahenten keine Ruhe, hält sehr kurze Abstände in Laufduellen und sucht in etwas langsameren Auseinandersetzungen um den Ball immer einen möglichst engen Körperkontakt. Mit dieser sehr aufsässigen Art der Zweikampfführung geht er wohl nicht wenigen Gegenspielern gehörig auf die Nerven und kompensiert zudem seine Nachteile in Sachen Robustheit. Mit nur 1,71 Meter Körpergröße ist er in der direkten Konfrontation den meisten Gegnern unterlegen und ruiniert sich auch durch zwangsläufig verlorene Kopfballduelle die Zweikampfstatistik (oder etwa doch nicht? Niemand weiß, ob Kopfballduelle überhaupt als Zweikampf gezählt werden – manche Datenanbieter tun es, andere nicht. Zudem sind Zweikämpfe ja nur in den seltensten Fällen tatsächliche Duelle zwischen zwei Spielern in einem zusammenhangslosen Raum; eher ist das Gegenteil der Fall. Dementsprechend sind solche Statistiken immer ein bisschen mit Vorsicht zu genießen.)
Darüber hinaus besitzt Schmiedebach ein sehr gutes Gespür für Situationen, in denen er zum Beispiel in der Flügelverteidigung einen einlaufenden oder in die Tiefe gehenden Gegenspieler kurz mannorientiert verfolgen muss. Wenn etwa der 96-Rechtsverteidiger den angreifenden Gegenspieler stellen will und dafür aus seiner Position herausrückt, verfolgt Schmiedebach gedankenschnell und intelligent (heißt: wenn es sinnlos ist, lässt er es) einen aus dem Zentrum nach außen laufenden Gegenspieler, sodass er auch kurzzeitig die Rechtsverteidigerposition übernimmt. Doch auch der Übergang zurück in die geordnete, raumorientierte Verteidigungsposition gelingt ihm in solchen Situationen fast immer optimal, ohne dass bestimmte Passkanäle geöffnet wären und der Gegner die scheinbare Unordnung ausnutzen könnte. Grundsätzlich findet sich Schmiedebach ohnehin in einer Raumdeckung sehr gut zurecht. Es gelingt ihm beständig, sich auch in schwierigen Situationen so zwischen den Gegnern zu positionieren, dass er kritische Pass- und Laufwege verstellt, aber auch immer die Möglichkeit hat ein ungenaues Zuspiel abzufangen und Zugriff auf den Gegenspieler herzustellen. Er zeigt in solchen Verteidigungsaktionen einige gute Eigenschaften, die ihn auch im aktiven Pressing zu einem interessanten Mehrwertspieler machen.
Pressingrollenspieler
Die bereits genannte sehr gute Orientierungsfähigkeit von Manuel Schmiedebach im Raum bei gegnerischem Ballbesitz zeigt sich natürlich auch im Pressing. So kommt er zwar aus den genannten Gründen (Stichwort „mangelhafte Operationalisierung“ und „Hänfling“) zwar in der Regel nicht auf eine ansprechende Zweikampfquote. Doch das Ziel – das Spiel/den Ballbesitz des Gegners zu unterbrechen oder zumindest zu behindern – erreicht er eben auf anderem Weg. Manuel Schmiedebach ist der König der Interceptions! Naja, jedenfalls relativ betrachtet. Es gibt Spieler mit mehr Interceptions, aber es gibt deutlich mehr Spieler mit weniger. So ungefähr jedenfalls. Die vorausschauende, griffige und spritzige Art, die sein gesamtes Spiel kennzeichnet, schlägt sich jedenfalls auch im Pressing zum Wohl seiner Mannschaft nieder.
Im Pressing zeigt sich außerdem eine weitere Eigenschaft Schmiedebachs, die vielleicht als eine der faszinierendsten Stärken in seinem Profil hervorsticht: Seine Anpassungsfähigkeit und Variabilität. Nicht nur im Verlauf einer Saison, sondern manchmal sogar innerhalb eines Spiels passt Schmiedebach sein Pressingverhalten an die Umstände oder den Gegner an und füllt dabei verschiedene Rollen aus, ohne dass ein Qualitätsabfall in seinem Spiel zu beobachten wäre. Wenn die taktische Vorgabe es verlangt, verhindert er den flachen Spielaufbau des Gegners durch das Zentrum, indem den gegnerischen Sechser mannorientiert aus seiner Grundposition heraus anläuft. Dabei zeigt er eigentlich immer eine ideale Mischung aus Intensität und Raumabdeckung, sodass der Gegenspieler nicht genug Zeit erhält, an den Ball zu gelangen und Schmiedebach auszuspielen. Auch im Timing seines Herausrückens ist er sehr sicher, sodass das Verlassen seiner Position keine negativen Auswirkungen auf die mannschaftliche Stabilität hat. Ebenso kann er sich problemlos an aggressivem Nachrücken aus dem Mittelfeldpressing beteiligen. Im hohen Pressing nahe des gegnerischen Strafraums schaltet er sich auch ein, wenn dies möglich oder verlangt ist. Seine Spielintelligenz und Pressingkompetenz war beispielsweise auch recht gut im öffentlich verkannten Auswärtsspiel in Stuttgart zu sehen. Im Gegensatz zu seinem Pendant Leon Andreasen zeigte er im 4-1-4-1 mit pendelnden Achtern keinerlei Anpassungsschwierigkeiten und überzeugte mit bogenartig vorgetragenem Herausrücken, das sowohl Druck auf den ballführenden Innenverteidiger erzeugte, als auch einen großen Teil des Spielfelds hinter sich verdeckte. Womit der Übergang zu einem sehr interessanten Detail seines Verhaltens im Pressing erfolgt ist.
Sehr interessant, sehr effektiv, sehr schmiedebach-haft ist sein Verhalten beim Anlaufen des Gegners: egal, ob er den gegnerischen Torwart, einen angreifenden Gegenspieler oder auch wie in der oben beschriebenen Situation des zugriffsorientierten Anlaufens einen gegnerischen Sechsers unter Druck setzt, baut er dabei – ob bewusst oder unbewusst – meist zwei sehr kurze, unheimlich flinke Richtungswechsel ein. Diese bestehen wirklich nur aus einem von der geraden Linie abweichenden schnellen Schritt in die jeweilige Richtung, doch der Effekt ist nicht zu unterschätzen. Durch das ohnehin sehr dynamische Anlaufen erzeugt er natürlich zunächst Entscheidungsdruck auf den Ballführenden. Durch diese auch in Anbetracht des Zeitpunktes meistens sehr klug eingesetzten, minimalen Haken vergrößert er kurzzeitig den Deckungsschatten, den er aus Sicht des angelaufenen Gegners hinter sich aufspannt (also den „im Schatten liegenden“ Bereich des Spielfeldes, den der Ballführende wegen Schmiedebachs Zugriffsradius nicht bespielen kann). Auch kleine Spieler können große Schatten werfen. Schmiedebach setzt den Gegner also unter Druck, die kleinen Bewegungen nehmen dem Gegenspieler scheinbar ein paar Passmöglichkeiten an ihm vorbei (schließlich könnte er in der Regel trotzdem noch vorbeispielen, aber durch die Richtungsänderungen erscheint es nicht mehr so erfolgversprechend wie bei einem geradlinigen Anlaufen) und er stiftet wohl auch einiges an Verwirrung. Nicht gerade selten zwingt er seine ballführenden Gegenspieler so in unangenehme Situationen, in denen das sicherheitsorientierte Wegschlagen des Balls oft die Folge ist. Ein aktuelles Beispiel ist eine Szene aus dem Spiel gegen Mönchengladbach, bei der er in der zweiten Halbzeit auf die dargestellte Weise den Borussen-Torwart Yann Sommer anlief. Der mit dem Ball am Fuß nicht gerade als schwach geltende Schweizer spürte die Wirkung dieses Anlaufens und schlug den Ball (sogar mit seinem stärkeren linken Fuß) ins Seitenaus. Fehler provoziert, Ballbesitz des Gegners beendet, Mission erfüllt. Grundsätzlich ist es Schmiedebach mit seinem tiefen Körperschwerpunkt und seiner enormen Wendigkeit möglich, während des intensiven Pressings noch die Richtung anzupassen. Auch damit kann man ein paar Interceptions abgreifen und den Gegner nerven.
-Aber das sind doch jetzt alles super Eigenschaften eines defensiven Sechsers gewesen! Warum dann der ganze Aufwand?
Weil es erst die Hälfte ist, eher sogar weniger.
Im Ballbesitz
Ist die eigene Mannschaft im Besitz des Spielgeräts, zeigt Manuel Schmiedebach nämlich auch auf eigentlich recht faszinierende Weise, was für ein vielseitiger, anpassungsfähiger, spielintelligenter und insgesamt einfach interessanter Spielertyp er ist.
Durchaus auffällig ist dabei zunächst sein großer Radius in der Positionsfindung. Damit wäre auch bereits der Hauptgrund für die Behauptung genannt, Schmiedebach wäre kein defensiver Sechser. Auf die Kaderplanung angesprochen, beschrieb Tayfun Korkut Schmiedebach als im positiven Sinn unruhig, was eine ziemlich treffende Charakterisierung darstellt. Schmiedebach hält sich im eigenen Ballbesitz als Sechser tatsächlich nicht durchgängig im Zentrum auf, sondern drängt immer wieder in offensivere Zonen. Mit großer Vorliebe schiebt er diagonal in Richtung des rechten Flügels auf und besetzt situationsbedingt im Prinzip sämtliche Mittelfeld- (und hin und wieder auch Angriffs-) Räume der rechten vertikalen Spielfeldhälfte. Diese insgesamt relativ ausweichende Spielweise im Ballbesitz bedeutet aber in der Regel nicht, dass er „weglaufen“ oder an Einfluss auf das Spiel verlieren würde. Tatsächlich ist eher das Gegenteil der Fall: Zwar ist er in der Positionsfindung oder der Interpretation seiner Rolle eher weiträumig, agiert dann allerdings im Bewegungs- und Passspiel eher in geringeren Radien. Lange Liniensprints, weite diagonale Bälle oder durchschlagskräftige Antritte (letzteres etwa von Leon Andreasen aus besseren Zeiten bekannt) sind von ihm nicht zu sehen, jedenfalls nicht regelmäßig. Durch die Verbindung aus großem Aktionsradius und eher kleinräumigem Einfluss fungiert er stattdessen eher als omnipräsenter, unterstützender Verbindungsspieler. Ermöglicht wird ihm dies, abgesehen natürlich von der obligatorischen Laufstärke, auch durch seine technische Klasse (die bei seiner sonstigen Beschreibung in der Öffentlichkeit meistens unterschlagen wird). Diese verbindende Art hat oft einen unterstützenden Subtext. Klingt sehr komisch, ist aber eigentlich banal: Schmiedebach verbindet die Teile seiner Mannschaft oft miteinander, indem er etwas festgefahrene Situationen durch nachstoßende Läufe aufzulösen und isolierte Gegenspieler wieder an das Spiel anzubinden versucht. Ein klassischer antreibender Sechser ist er also nicht, zumindest nicht in der „Schmiedebach ist der Motor des 96-Spiels“-Art. Eher ist Manuel Schmiedebach der dritte Gang des 96-Getriebes. Man kann ohne, aber früher oder später platzt der Motor und man bleibt liegen.
Oder kommt gar nicht erst richtig in Fahrt. Denn auch in den frühen Phasen des Ballbesitzspiels von 96 kann der 26-Jährige eine prägende Rolle einnehmen. Im Spielaufbau gehört das Ab- und Herauskippen aus seiner Position zum Standardrepertoire. Wenn es die Situation erfordert, kippt Schmiedebach zentral zwischen die beiden Innenverteidiger ab, ist dabei aber nicht ultimativ kreativ. Sondern einfach gleich ohne Umweg ein tiefliegender Spielmacher, der auf einmal mit mehr langen Pässen operiert und das Spiel weiträumiger strukturiert. Zwingt ihn der Gegner, aus dem Zentrum heraus seitlich abzukippen findet er meist auch gute Passwege ins Zentrum und in den Angriff, ist aber auch da nicht auf klassische Weise kreativ. Ist Abkippen nicht gefordert, sucht er klassisch im Sechserraum nach Raum und Zeit, um dort den Ball zu erhalten und das Spiel weiterzutragen. Insgesamt ist es aber fast egal, welche Rolle von ihm im Spielaufbau gefordert ist – Schmiedebach erfüllt sie allesamt auf einem hohen Niveau und drückt dem Spiel seinen etwas unscheinbaren Stempel auf. Dass dem so ist, merkt man leider besonders, wenn er einen schlechten Tag erwischt (Paderborn) oder gleich ganz ausfällt (Stuttgart, Köln als jüngste Beispiele).
Insgesamt ist er nicht auf ein bestimmtes Passmuster festgelegt. Seine bevorzugt gespielten Pässe sind eher mittellang (laut Squawka 19 Meter, aber was sagt das schon aus…), er ist aber wie gesagt in bestimmten Kontexten auch zu langen Bällen fähig und ihnen gegenüber zudem in späteren Ballbesitzphasen nicht grundsätzlich abgeneigt. Im Angriff sucht er gerne nach Pässen durch die gegnerischen Schnittstellen und zeigt davor hin und wieder sehr gute Verzögerungen (wie beispielsweise auch bei der fantastischen Vorlage für Joselus Tor im Winter-Testspiel gegen Werder).
Im ruhigen Spiel trägt er den Ball kaum am Fuß voran, ballschleppend agiert Schmiedebach selten bis nie. Im offensiven Umschalten hingegen macht genau das eine seiner Stärken aus: Manu erkennt nach Balleroberungen seiner Mannschaft die gegensätzlichen Dynamiken der beiden Teams sehr gut und nutzt sie aus. Vor allem mit dem Ball am Fuß hat das in einzelnen Szenen interessante Auswirkungen. Beim offensiven Umschalten dribbelt er nicht gerade selten sogar lokale Kompaktheiten des Gegners an, um aus diesen mit einem scharfen, kurzen Pass in den Raum zu spielen, der durch das Herausrücken der Gegenspieler geöffnet wurde. In diesen engen, schnellen Situationen kommen ihm seine technische Stärke, seine Wendigkeit und seine Übersicht zu Gute, außerdem nimmt er auch nach dem Abspiel die Dynamik der Szene mit und setzt zu guten Laufwegen in die Offensive an. In diesen Situationen könnte man allerdings bemängeln, dass ihm etwas die Geradlinigkeit fehlt, um endgültig durchschlagskräftig zu werden.
Schwächen
Na gut, sogar Manuel Schmiedebach hat ein paar Schwächen. Diese sind, abgesehen von den langweiligen physischen Aspekten, allerdings nicht unbedingt systematischer Natur. Immer mal wieder sind in seinem Spiel einzelne, merkwürdige Aussetzer zu sehen, die wegen der ansonsten tadellosen Vorstellung so auffällig sind. Dann lässt Schmiedebach einen eigentlich einfachen Ball bei der Annahme verspringen, spielt einen unerklärlichen Fehlpass über wenige Meter oder wird relativ dilettantisch vom Gegenspieler stehengelassen. Bei solchen Szenen ist man schnell dabei, sie auf „Unkonzentriertheit“ oder ähnliches zu schieben. Wahrscheinlich ist es aber einfach nur Zufall, Pech und letztlich ganz normal – denn nur wer wie Schmiedebach überhaupt in vielen Spielsituationen agiert, kann auch in einigen davon negativ auffallen.
Unkonzentriertheit
Trotzdem: gutes Stichwort. Wenn eins hängen bleiben sollte von diesem Portrait, dann die Beobachtung, dass Manuel Schmiedebach anscheinend ohne große Probleme zwischen verschiedenen Aufgaben oder Rollen wechseln kann und sie alle vielseitig und auf gleich hohem Niveau ausfüllt. Nun könnte man argumentieren, wenn’s unbedingt sein muss auch vor dem Hintergrund seiner Torungefährlichkeit, Schmiedebachs Spielweise sei vielleicht nicht fokussiert genug. Eventuell könnte man sein zu erfüllendes Aufgabenprofil tatsächlich auf etwas weniger Aspekte konzentrieren, sodass er das Spiel seiner Mannschaft dann zwar in quantitativ weniger Bereichen beeinflussen würde, dafür aber im Gegenzug einen messbar größeren Nutzen erbringen könnte. Der Blick auf seine Statistiken zeigt ja auch, dass er in verschiedenen Bereichen passable Werte aufweist, aber in keinem wirklich hervorsticht: Seine Interceptions sind gut, aber es geht besser. Seine Passquote ist gut, aber auch da ist Luft nach oben (wobei zum Beispiel Xabi Alonso eine bessere hat, tauschen würde ich trotzdem nicht unbedingt wollen; ist an sich also kein Qualitätsmerkmal, sondern wie immer auch nur der Indikator für eine bestimmte Rolle auf dem Feld). Er spielt gelegentlich ein paar Key-Pässe (entscheidende Pässe, die zu einer Chance führen oder diese ermöglichen), aber nicht genug, um es besonders hervorzuheben. Hin und wieder schießt er sogar aufs Tor oder bereitet Torschüsse vor, aber in der Scorerwertung schlägt sich das nicht nieder. Er läuft immer viel, aber bei der Anzahl der Sprints sind in der Regel andere vorne. Er ist nicht unkreativ, aber es gibt Spieler, die konstanter kreative Momente zeigen. Man kann bei ihm definitiv Anzeichen von gesteigerter Spielintelligenz und -verständnis erkennen, aber auch in dem Bereich gibt es noch bessere Spieler.
Wenn Schmiedebach etwas zu viel verbinden und weiträumig unterstützen will, kann er selber kaum Strukturen prägen. In Kombination mit seiner mangelnden Effektivität (heißt: dem quantifizierbaren, statistisch auswertbaren Nutzen in Hinblick auf das Ergebnis) kommt dann scheinbar nicht viel Produktives dabei herum. Außer, dass er seine Mannschaft besser macht, indem er die Mitspieler unterstützt, entlastet, einsetzt, für sie arbeitet und hin und wieder das Herz des taktisch interessierten Fußballfans erfreut. Insofern wäre eine Reduktion seines Pensums an verschiedenen Aufgaben vielleicht individuell betrachtet eine Möglichkeit, ihn stärker in den Vordergrund zu rücken. Aber für die gesamte Verfassung der Mannschaft ist der „natürliche“, unverfälschte Schmiedebach wohl nicht zu ersetzen.
Schlussbemerkungen
Manuel Schmiedebach ist schon lange bei 96, schon lange läuft er dabei etwas unter dem Radar. Seine kuriose Mischung aus Defensivstärke und offensivem Naturell steht vermutlich sowohl größerer Aufmerksamkeit für sein Spiel, als auch vordergründig spürbarem Einfluss auf den Mannschaftserfolg im Weg. Dabei gäbe es genug Grund, noch sehr viel mehr über Manuel Schmiedebach zu reden. Er ist tiefliegender Spielmacher, technisch versierter und laufstarker Verbindungsspieler, intelligenter Sechser, nerviger Gegenspieler und Pressingrollenspieler in einem Paket. Auf die einzelnen Aspekte seines Profils kann je nach Spielsituation zugegriffen werden. Mit einer prägnanten, eingängigen Beschreibung kann man einem solchen Spieler eigentlich nicht gerecht werden.
Manuel Schmiedebach – Fußballgott.
Ein bisschen jedenfalls. Denn der bereits erwähnte Umstand, dass er in keinem Bereich besonders hervorsticht oder (viele) andere Spieler bei einzelnen statistischen Kennzahlen vor ihm anzusiedeln sind, ist nur eine mögliche Betrachtungsweise. Eine andere, nettere, vermutlich auch zutreffendere: Diese Art von Vielseitigkeit, Spielintelligenz, Anpassungsfähigkeit und Konstanz in verschiedenen Rollen findet man nur sehr selten. Was der Goalimpact schon andeutet (s.o.), kann man auch aus qualitativer Betrachtung mit dem taktischen Fokus bestätigen: Manuel Schmiedebach ist insgesamt kein Weltklasse-Spieler, aber Hannover 96 müsste nicht sein Limit sein. Wenig überraschend also, dass es in der Vergangenheit Gerüchte um ein Interesse der Borussen aus Dortmund und Mönchengladbach an ihm gab – beide mit internationalen Ambitionen, beide für ein nicht allzu schlechtes Scouting bekannt. Dass daraus nichts geworden ist, ist ein Glücksfall für Hannover 96, und nach dem Trainerwechsel 2014 konnte sich der gebürtige Berliner auch wieder den überfälligen Stammplatz erarbeiten. Vor diesem Hintergrund sollte man den 2016 auslaufenden Vertrag also unbedingt verlängern, wenn man einen flexiblen, interessanten, nützlichen, mannschaftsdienlichen Spieler in den eigenen Reihen halten will.
Aber da Schmiedebach sogar in Hannover teilweise noch immer nicht die gebotene Anerkennung entgegengebracht wird, gibt es aus unserer Sicht nur eine angemessene Möglichkeit, ihm zu huldigen und seine Bedeutung als 96-Spieler sichtbar hervorzuheben.
Es müsste nur eine Silbe in der Mitte hinzugefügt werden…
Vielen Dank an Jörg Seidel für die Goalimpact-Grafik!
[…] Niemals Allein will seinen Lesern einen Sechser schmackhaft machen. Spielt beim Vierzehnten der Liga, kein Tor, […]
Überragendes Teil!
Also als „Teil“ hat ihn glaube ich noch niemand bezeichnet…
Vielen Dank ;).
Hat mir sehr gefallen dein Artikel. Wow. Danke für die Mühe 🙂
Nun sehe ich Schmiedebach etwas anders.
Kaum schreibst du über ihn, schon stellt ihn Korkut nicht mehr auf. Genau wie bei Gülselam!
Das machst du doch mit Absicht!
Bestechende Beobachtungsgabe, Herr Kaliban. Hast dich damit auf die Nachfolge als Analyst beworben, ich kündige vor dem Hintergrund dieser Ereignisse nämlich fristlos!
Robert Almer hat mir schon ein unmoralisches Angebot unterbreitet, aber ich halte das Zieler-Portrait lieber noch ein bisschen zurück…