96 – FC Augsburg 0:1

Nach der freundlichen Vorarbeit der Konkurrenz am Samstag bot sich 96 zum Abschluss des 22. Spieltags die Chance, mit einem Heimsieg in der Tabelle zumindest nicht gänzlich abgeschlagen dazustehen. Wurde aber nicht genutzt.

 

Passivität ohne und Weiträumigkeit mit Ball auf beiden Seiten

Schaaf blieb beim 4-1-4-1 als Grundordnung gegen den Ball (wir erinnern uns: Gegen den BVB kam erstmals die Raute nicht zum Einsatz), schickte seine Spieler aber offenbar mit der Maßgabe noch größerer Passivität als in der Vorwoche auf den Platz. Sobiech verstellte als höchster Spieler konsequent den Sechserraum und übte keinen Druck auf die aufbauenden Augsburger aus. Dahinter gab es vereinzelte Mannorientierungen und kurzes ballorientiertes Herausrücken der Achter auf den jeweiligen Innenverteidiger zu sehen, ohne damit viel Druck zu erzeugen. Mit etwas tieferen Flügelspielern entstand damit eine keilförmige Staffelung kurz hinter der Mittellinie, die das Spiel aus dem Zentrum fernhalten sollte. Augsburg war aber seinerseits um Sicherheit bemüht und baute einerseits mit tiefen Außenverteidigern, andererseits zudem mit tief positionierten Sechsern auf. Ohne gegnerischen Druck konnte Augsburg den Ball unbedrängt in der ersten Linie zirkulieren, bis es zum Augsburg-typischen langen Diagonalball auf die Flügel kam. Bevorzugt wurde dabei die halblinke Seite anvisiert, wo mit Caiuby ein sehr kopfballstarker Akteur den einzigen Stürmer Finnbogason unterstützte. Esswein rückte für den Abpraller oder die Ablage mit herüber. Gegen das überspielte 96-Mittelfeld und den einzigen Sechser Hoffmann konnten sich der wahnsinnig gute Koo und Esswein immer wieder durchsetzen und den Ball vor der Hannoverschen Abwehr sichern. Mit der Ruhe im Aufbau und der Dominanz im Zwischenlinienraum konnte Augsburg die Spielkontrolle an sich reißen und wurde zudem über Konter auch torgefährlich.

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Staffelungen bei Augsburger Spielaufbau, vor allem in der Anfangsphase der ersten Halbzeit.

96 wurde seinerseits im Aufbau mit einem kompakten 4-4-1-1 der Augsburger konfrontiert, die immerhin wenige Meter höher standen. Zu Beginn verstellte Finnbogason im Ansatz Milosevic, sodass Gülselam in eine dominante Rolle im Aufbau gedrängt wurde. Prib, Sané und Bech zeigten in der Anfangsphase viele Sprints in die Tiefe, die direkt bedient werden sollten. Damit kam 96 aber kaum durch und wurde nicht gefährlich. Stattdessen zog sich Augsburg etwas zurück und ließ die im Ballbesitz mit einem tieferen Sané und Prib in zentraler Position spielenden Hannoveraner etwas weiter aufrücken. 96 staffelte sich im Angriff oft zu flach, schob die Außenverteidiger (vor allem Sakai) zu unbalanciert in den Angriff vor und wurde damit anfällig für Konter. Im Zentrum geriet Hoffmann oft in Unterzahl, dadurch entstanden Ballverluste, die schlecht abgesichert werden. Die Folge: Augsburg schickte Spieler in die Tiefe, 96 rannte hinterher. Einer solche Situation entsprang auch der Treffer, bei dem Koo drei sensationelle Einzelaktionen verkettete: schöne Ballmitnahme nach Umschaltpass, schönes Dribbling durch den Halbraum, schöner Schuss ins lange Eck.

Im Anschluss versuchte 96 gegen den Ball mehr Zugriff herzustellen: Sané und Prib rückten früher und weiter aus der jetzt auch etwas höher stehenden Formation heraus. Hannover agierte dabei aber nicht zusammenhängend genug, kam nicht zu hohen Ballgewinnen und hatte mehr mit den zweiten Bällen im unkompakten Zentrum zu kämpfen. Nur Karamans Dribblings im linken Halbraum (einer der Gründe, warum wir ihn da immer sehen woll(t)en) beschworen immer wieder Gefahr für das von Marwin Hitz gehütete Tor herauf, doch das Nachrücken und Freilaufen der Mitspieler passten selten zum grundsätzlichen Angriffsrhythmus. 96 lief sich fest und wurde offen. Augsburg kam so noch zu ein paar Konteransätzen über Caiuby, es ging aber mit dem 0:1 in die Pause.

Umstellungen für 45 Minuten Brechstange

Schaaf brachte Kiyotake und Almeida für Prib und Hoffmann, was eine Umstellung auf ein 4-4-2 zur Folge hatte. Sané rückte auf die Sechs, wurde aber von Kiyotake (gegen den Ball auf der 10) im Spielaufbau unterstützt. Man könnte das Ganze auch ein 4-1-3-2 oder eine unausgewogene Raute nennen. Hannover presste jetzt höher und versuchte die erste Linie der Augsburger zu verstellen. Weinzierl hatte seinerseits Ji für Feulner eingewechselt, blieb aber bei der 4-2-3-1-Grundformation. Der Koreaner Koo rückte vor die Abwehr; Ji nahm seinen Platz hinter der einzigen Spitze ein. Augsburg war damit im Zentrum spielstärker und variabler aufgestellt und dominierte das Mittelfeld weiterhin. Die zweiten Bälle nach den langen Befreiungsschlägen gingen überwiegend an die Fuggerstädter, da zudem mit Kiyotake in seiner Hybridrolle aus Achter und Zehner die Kontrolle über den Bereich vor der Abwehr alleine Sané zufiel – jeder 96-Fan weiß, dass das keine gute Idee ist. Ji und Caiuby konnten Sané auf die Seite ziehen, die Räume vor der Abwehr öffnen und mit dem nachrückenden Koo bespielen. Gleichzeitig mit der Einwechslung des vielleicht zweit- oder drittbesten Fußballers seines Kaders erhöhte Schaaf aber auch die Offensivpräsenz und gab seiner Elf die Anweisung „Brechstange“ mit auf den Weg. Auch ohne Druck und die ballnahen Anspielstationen ignorierend wurde der Ball reihenweise lang auf Almeida gespielt, um mit Sobiech, Karaman und Kiyotake die Abpraller und Ablagen aufzusammeln. Vor allem als die Augsburger Flügelspieler verstärkt auf den Konter lauerten, erzeugte 96 damit sogar relativ viel Gefahr, konnte die zunehmende Strafraumpräsenz aber nicht oft genug zum Abschluss bringen. Über ein Abseitstor und zwei Halbchancen durch Karaman hinaus kam 96 nicht in die Nähe des Ausgleichs. Stattdessen vergab Werner nach einem Konter die Chance zur Entscheidung. Und so hätte am Ende fast noch ein Kopfballtreffer von Milosevic für den unverdienten Ausgleich gegen müde und an der Grenze des Nötigen spielenden Augsburger sorgen können, doch Hitz parierte.

10 Kommentare

  • JaboIbehre sagt:

    „…das Nachrücken und Freilaufen der Mitspieler passten selten zum grundsätzlichen Angriffsrhythmus.“ – Mit einem Satz die gesamten Offensivbemühungen vor Almeidas Einwechslung zusammengefasst.

    Unsere Roten glichen heute irgendwie durchweg einem sehr schlecht harmonierenden Orchester. Heute konnte selbst ich in Echtzeit ohne Mühe die unpassenden Staffelungen erkennen und benennen. Traurig, aber wahr. (Habe ich durch regelmäßigen Konsum dieses Blogs dazugelernt oder war’s heute einfach so extrem? ;))

    Die Krönung war dann, fand ich, dass wir tatsächlich noch in den zweifelhaften Genuss der „Raute mit Flügelspielern“, wie sie in Fußballforen so oft gefordert wird, kamen. Gerade letzte Woche noch hatte ich gedacht, Ilja Gruev hätte da in Duisburg etwas – zu Recht! – Einmaliges (Naja, Zweimaliges) geschaffen…

    Ab heute weiß ich nicht mehr, wie man noch ernsthaft an den Klassenerhalt glauben soll. Hoffen kann man immer, aber glauben… Und irgendwie rechne ich damit, dass Schaaf noch von Bord geht.

    • you_never_walk_alone sagt:

      Rechnest Du damit, dass Schaaf vor Saisonende hinwirft, was ich gut fände, oder hoffst Du darauf? Ich befürchte ja, dass der liebe Herr Bader in seiner Gutgläubigkeit und Transusigkeit, mit der er auch an Frontzeck festhalten wollte, an Schaaf festhält. Schaaf ist in meinen Augen so etwas von der falsche Trainer für diesen Kader. Ein Peter Neururer, dessen Namen man ja in Hannover nicht aussprechen darf, hätte nicht alle 5 Spiele verloren, tippe ich. Aber ist ja auch egal.
      Ein Sportdirektor muss her und ein neuer Trainer für die zweite Liga.
      Schade, dass man nicht den Rest der Saison abschenken darf.

      • you_never_walk_alone sagt:

        Okay: „selbst ein Peter Neururer“ hätte ich schreiben sollen.

      • JaboIbehre sagt:

        „Rechnest Du damit, dass Schaaf vor Saisonende hinwirft, was ich gut fände, oder hoffst Du darauf?“ – Ich hoffe nicht darauf, ist jetzt eh egal. Aber ja, ich glaube irgendwie, dass er hinwirft.

  • you_never_walk_alone sagt:

    Jaime, mich würde, insofern Du nach zwei Spielen dazu bereit bist, interessieren, was Du von unseren IVs Ceyhun Gülselam und Alexander Milosevic hältst?

    • you_never_walk_alone sagt:

      96 muss ja mit einigen Spielern des jetzigen Kaders in die zweite Liga gehen und mit denen den sofortigen Wiederaufstieg anvisieren. Spieler wie Bech, Wolf, Fossum, Karaman, Sorg zähle ich da u.a. zu den Kandidaten – Schmiedebach, Sane und Kioytake wird 96 leider wohl kaum halten können. Unter dem Aspekt nächste Saison ist meine Frage nach den beiden IVs auch zu verstehen.

      • Jaime sagt:

        Ach, dass sich eine so auffällig positive Leistung der beiden wie gegen Dortmund in einem Spiel mit ganz anderen Anforderungen und taktischen Umständen nicht wiederholen würde, war denke ich klar. Ansonsten waren die beiden aus meiner Sicht nicht so schlecht wie sie gemacht werden (Note 6 und so). Gülselam hatte zwei, drei unglückliche Herausrück-Szenen, hat dafür damit aber auch in der zweiten Halbzeit Sanés Dummheit ein bisschen kompensieren können und das Zentrum etwas stabilisiert. Milosevic ist eigentlich ein recht angenehmer Innenverteidiger, macht unaufgeregte Bewegungen und ist relativ klar in seinem Spiel.
        Im Spielaufbau hatte Gülselam wie üblich gute lange Bälle, die ja gefordert waren, und hat auch in der zweiten Halbzeit ein paar gute kurze Pässe ins Zentrum angebracht. Milosevic hält sich damit ja (noch?) sehr zurück. Insgesamt war es natürlich nicht super, aber sie sind eben meistens am Ende mit dem Ausbügeln auch überfordert, wenn der Gegner mit Tempo auf sie zurennt. Für nächste Saison kann ich das nicht abschätzen. Milosevic wäre in der zweiten Liga sicherlich im oberen Drittel, Gülselam wird ja vermutlich kein neuer Vertrag angeboten. Weil wir „Mentalitätsspieler“ suchen und am Ende Hugo „ich bin eh viel zu gut für euch“ Almeida holen ;).

  • JaboIbehre sagt:

    In (selbstgewählter) Ermangelung eines twitter-Accounts hänge ich meine Frage mal hier an: Habt Ihr ’ne Ahnung, warum Schmiedebach derzeit außen vor ist? Ich las heute, Yamaguchi sei nach den aktuellen Trainingseindrücken eher ein Startelfkandidat als „Schmiede“, obwohl Schaaf seinen Wert für die Mannschaft ja durchaus zu schätzen schien.

    Wenn ich mich recht entsinne, hatte auch Korkut seinerzeit ungefähr zum gleichen Zeitpunkt in der Saison auf Schmiedebach verzichtet und dies mit einem Fitnessproblem (?) begründet…

    Merkwürdig.

    • Jaime sagt:

      Nein, keine rechte Erklärung dafür. Vielleicht Robustheit als Argument, ihn gegen Dortmund draußen zu lassen, so als Teil des Plans für die Passivität. Aber ansonsten…
      War das damals wirklich mit Fitnessproblemen begründet? Ich hab damals glaube ich gar keine Begründung vernommen und deshalb auch gerätselt, was das sollte. Wobei es ja damals mit der Umstellung auf so ein 4-1-4-1 bzw. 4-4-2 mit Kiyotake als instabilem Behelf-Sechser einher ging. Habe mir eben eingeredet, dass bei Korkut alles überwiegend taktische Gründe haben könnte ;).

      • JaboIbehre sagt:

        Danke. Das mit den Fitnessgründen habe ich selbst auch erst viel später irgendwo gelesen, aber jetzt find ich’s auch nicht mehr wieder.

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