96 – Karlsruher SC 1:0

Drei Tage nach dem ernüchternden 3:3 in Bielefeld empfing 96 mit dem KSC eine weitere Mannschaft der Kategorie „kann man schon mal gegen gewinnen, wenn man aufsteigen möchte“. Dank Stendels guten Wechseln und einer leichten spielerischen Steigerung gelingt die Wiedergutmachung im zweiten Anlauf einigermaßen.

Ordentliche Umstellungen, besseres 96-Spiel

Mit Sorg anstelle von Fossum als Rechtsverteidiger und dem Norweger als Ersatz für den zuletzt öfter schwachen, aber immer zumindest schwankenden Maier brachte Stendel wieder mehr Leistungs-Stabilität in die Mannschaft zurück. Der zwar nicht unbedingt formschwache, aber (sich) noch nicht gut ein(ge)bu(/i)nden(d)e Füllkrug wurde durch Karaman als wesentlich bewegungs- und spielstärkere Alternative für die linksoffensive Rolle ersetzt. Karamans ballfordernde und einrückende Läufe, Fossums tiefere Position und sein Unterstützen auf den Flügeln trugen dann auch stark dazu bei, dass sich 96 im Vergleich zum Bielefeld-Spiel in der Ballzirkulation deutlich stabiler zeigte. Karaman und Fossum boten dem tief aufbauenden Schmiedebach und den Innenverteidigern in der Anfangsphase mehr kurze Passoptionen an und bewegten sich gut genug, um den Ball gegen um Kompaktheit bemühte Karlsruher länger in den eigenen Reihen halten zu können. Mit Geduld im Passspiel konnte die Aufbaudreierreihe das passive 4-4-2-Mittelfeldpressing des KSC, mit dem die Innenverteidiger vom Zentrum isoliert werden sollten, immer wieder auflockern und nach der (Halbraum-)Verlagerung etwas ungestörter aufrücken.

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Schon besser.

Beschleunigende Aktionen blieben dann jedoch meist im engen Mittelfeld hängen, sodass 96 nur selten hinter die gegnerische Abwehr gelangte. Wenn sich die Stendel-Elf über einen zunächst tiefstehenden Außenverteidiger mit den herüberrückenden Mittelfeldspielern in den Angriff vorspielen wollte, konnte der zentraler verbleibende Bakalorz energisch nachrücken und nach Ballverlusten den Konteransatz der Gäste unterbinden. Oft scheiterten solche Angriffe vor allem auf der rechten Seite aber auch an technischen Fehlern von Sorg und Klaus. Außerdem fehlte auch eine konstantere Anbindung der Flügel an das Zentrum, was entweder durch weites Herüberrücken des ballfernen Flügelspielers oder durch Sobiech zu kompensieren versucht wurde und damit die Durchschlagskraft verminderte. In Kombination mit gelegentlich zu flachen Staffelungen am KSC-Strafraum und zu bereitwillig angenommenen Flanken-Gelegenheiten wurde damit nicht nur Offensivpotenzial verschenkt, sondern auch Konterraum auf den Flügeln gewährt. Der KSC nahm diese Chancen zwar ein ums andere Mal wahr, scheiterte mit seinem generell sehr flügellastigen Spiel aber immer wieder an technischen Fehlern. Die auf die Flügel ausweichenden Stürmer konnten kaum in Szene gesetzt werden oder wurden bei Kontern nicht schnell genug unterstützt. Der wenig ambitionierte KSC-Aufbau im 4-2-4 oder 2-4-4 wurde unter dem Druck des 96-Angriffspressings ohnehin nur mit langen, leicht zu verteidigenden Bällen in die offensiven Flügelräume ausgefüllt und strahlte keine Gefahr aus.

Als bei 96 die zu Beginn lobenswerten Bewegungen im Mittelfeld seltener wurden, wurde auch das 96-Ballbesitzspiel wieder etwas behäbiger. Zusammen mit jetzt etwas konsequenterem Nachrücken des KSC-Mittelfeldes im Pressing (meist durch Prömel) und auch mehr Läufen in die Tiefe im Ballbesitz durch den eingewechselten Rolim wurden die Gäste präsenter und hielten sich immerhin häufiger in der 96-Hälfte auf. Gefahr entstand so allerdings eher für das eigene Tor, da 96 den sich bietenden Platz mit Klaus und Fossum zwei-, dreimal schnell bespielen konnte und vor der Pause doch noch zu sehr guten Chancen kam.

Besseres KSC-Pressing, schlechteres 96-Spiel

Mit Kamberi brachte KSC-Trainer Oral einen zusätzlichen Stürmer für den schwachen Barry, dessen Position zunächst Stoppelkamp übernahm. Mit einem jetzt viel höheren Pressing zwangen die Gäste 96 zu vielen langen Bällen und nahmen der Stendel-Elf die Spielkontrolle etwas aus der Hand. Das Fehlen eingespielter Bewegungen und Tschauners technische Schwächen bei Rückpässen stellten sich erneut als Hindernisse beim Befreien aus hohem gegnerischen Druck dar. Im Angriffsspiel profitierten die Badener jetzt außerdem von Stoppelkamps besserer Einbindung, da der ehemalige 96-Spieler oft weit in die Mitte oder auf den gegenüberliegenden Flügel zog und hin und wieder sogar schnelle Kombinationen und Dribblings initiierte. Mit solchen schnellen, diagonalen und überladungsähnlichen Angriffen brachte der KSC viel mehr Wucht ins letzte Drittel und kam mit diesen durchaus ansehnlichen Ansätzen immerhin zu ein paar Flanken oder halbwegs gefährlichen Abschlüssen. Auf Seiten von Hannover kam die offenere, schnellere Spielstruktur Bakalorz sehr viel mehr entgegen als das kontrolliertere Spiel zuvor, und der ehemalige Paderborner wusste mit einigen energischen Balleroberungen und vertikalen Folgeaktionen zu überzeugen. Im letzten Drittel, das der nachdrücklich aufrückende Schmiedebach unterstützte, fehlte es 96 aber weiterhin an einer passenden Abstimmung. Mehrmals wurden beispielsweise Ballungen mehrerer Hannover-Akteure vom Ballführenden zu spät, unpassend oder gar nicht bedient oder das Tempo beim Ausspielen der Angriffe passte nicht zur Staffelung. So gab es dann zwar auf beiden Seiten mehr Abschlüsse, die Chancenqualität ließ jedoch etwas nach. Als Kamberi auf die Flügel wich, ging dem KSC etwas Schwung verloren, den auch Hoffer nicht zurückbringen konnte. Füllkrug für den müden Sobiech und Mike-Steven Bähre für Karaman wussten ebenfalls wenig Belebung zu bringen, sodass es beim knappen, nicht allzu unverdienten, aber schmucklosen 1:0-Heimsieg blieb.

Ebenso wie die Umstellungen für das Bielefeld-Spiel die schlechte Ballbesitzleistung beim 3:3 zumindest begünstigten, half Stendels Reaktion darauf heute dabei, wieder zu mehr Ordnung, Ruhe und Qualität unter Druck zurückzufinden. An den sich schon seit einigen Wochen einschleichenden Problemen im letzten Drittel konnte sich auch durch individuelle Faktoren (Sobiech noch nicht richtig fit, Fossum immer noch kein richtiger Zehner, Klaus… Klaus eben) und gewisse taktische Tendenzen (nicht mehr so dauerhaft hohe Außenverteidiger) noch nicht genug ändern. Daran dürfte dann nach der englischen Woche gerne wieder gearbeitet werden, wenn sich 96 oben festsetzen möchte.

6 Kommentare

  • AlbertC sagt:

    Jetzt mal im Ernst, war die Vorbereitungszeit wirklich so kurz und sprechen wir wirklich von so viel Neuzugängen, dass Stendel derart viel Zeit in Anspruch nehmen darf, um eine Mannschaft auf den Rasen zu schicken, bei der die Abläufe stimmen? In meinen Augen kann ich für all die Dürftigkeit, Abstimmungsproblemen und Verunsicherungen
    nur einen Verantwortlichen ausmachen, nämlich den Trainer. So steigt 96 nicht auf und warum soll derjenige, der dafür verantworlich ist, dass zukünftig besser hinkriegen.
    Zeit ist m.E. nicht der Faktor, sondern Einsicht und Kompetenz. Wenn es an Einsicht und Kompetenz mangelt, dann macht der Faktor Zeit nur alles schlimmer.

    • JaboIbehre sagt:

      Ohne das jetzt taktisch-analytisch unterfütterm zu können, denke ich, man muss immer auch die Vorbildung einer Mannschaft berücksichtigen, wenn ein neuer Trainer übernimmt.

      96 hat unter Frontzeck und später Schaaf über fast ein Jahr lang über weite Strekcen unfassbar passiv gespielt, die Spieler haben sich in dieser Zeit Abläufe und Verhaltsmuster angeeignet, die erst einmal wieder „herausgeschliffen“ werden wollen.

      Wo zuvor bei gegnerischem Ballbesitz fast bis in den eigenen Strafraum zurückgewichen wurde, soll nun tief in des Gegeners Hälfte der Ball erobert werden; entsprechend groß ist der Anpassungsbedarf. Wobei sich die menschliche Festplatte ja dummerweise nicht einfach mal formatieren lässt.

      Insofern bin ich hier im „Die Zeit macht’s vielleicht eben doch besser“-Camp.

      Ich halte Stendel gewiss nicht für den Messias, aber zumindest kann man eine Struktur, eine Intention erkennen, wie die Mannschaft spielen soll. Auch wenn sie es nicht konstant umsetzt.

      Nach unserer letzten Sommervorbereitung hingegen… Ach, lassen wir das.

    • Jaime sagt:

      Die Offensive bzw. selbst die Offensivreihe hat ja in den letzten Testspielen und in den ersten Pflichtspielen wesentlich besser funktioniert als in den letzten drei Wochen, deshalb finde ich bisher noch nicht viel Anlass für Kritik in großen Linien. Dass die Detailarbeit vielleicht ein bisschen schleifen gelassen wurde, ist natürlich trotzdem nicht gut, und die ein oder andere Trainerentscheidung hat sicher auch zu dem Abschwung beigetragen. Aber da es ja auch schon besser ging und es generell noch sehr früh in der Saison ist, kann ich mich einer allgemeinen Abrechnung nicht anschließen.
      Wir müssen einfach weiter abwarten, ob es jetzt dauerhafte Besserung gibt. Wenn nicht, ist immer noch genug Zeit für alles andere.

  • you_never_walk_alone sagt:

    Und Jaime, haste St. Pauli gegen 1860 gesehen?
    Wie sehen da unsere Chancen aus?

    • Jaime sagt:

      Nein, müsste ich noch nachholen (andererseits müsste ich auch noch andere Spiele gucken, aber die sind immer alle so schlecht…).
      Glaube aber sogar, dass St. Pauli die größere Bedrohung für 96 sein müsste als 1860, zumindest falls die weiterhin/wieder 4-1-4-1 spielen sollte. Aber eigentlich hab ich auch keine Ahnung.

      • JaboIbehre sagt:

        Ich habe ein wenig vom Spiel am Donnerstag gesehen und war auch sehr erstaunt, dass Liendl jetzt – als „tiefster“ Mittelfeldspieler – als Spielmacher vor der Abwehr agiert und vor ihm eine zwar fleißige und laufstarke, aber doch aus eher offensiv denkenden Spielern bestehende Mittelfeldreihe.
        Zumal die Abwehrspieler von ’60 ja überwiegend hölzern daherkommen, sollte uns das eigentlich in die Karten spielen. Aber gegen 96 baut Runjaic bestimmt zumindest noch ’nen Bremsklotz à la Kai Bülow ein. 😉

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