Mauern und kämpfen, das sei eben der Kern des Zweitligafußballs. Im Folgenden versuchen wir zu beleuchten, inwiefern die verbreiteten Klischees zumindest in der abgelaufenen Hinrunde dem tatsächlichen Zustand der 2. Bundesliga standhalten.
[Alle Zweitligisten werden im ersten Abschnitt in den Gesamtkontext der Liga eingeordnet, im zweiten Teil finden sich analytische Zusammenfassungen der Spielweise jeder Mannschaft. Wer absurderweise nicht jedes einzelne der knapp 16.000 Wörter begierig aufsaugen möchte, kann sich zusammensuchen, was ihn/sie interessiert: Mit einem Klick hier geht es direkt zu einer Liste interner Verlinkungen auf die Analysen der einzelnen Mannschaften. Der erste Abschnitt ist aber gar nicht so uninteressant.]
Alles wie erwartet in der zweiten Liga?
Der Blick auf die Tabelle deutet bereits eine Kräfteverschiebung in der Liga an: Mögen die ersten drei Plätze mit den beiden Erstligaabsteigern und der Braunschweiger Eintracht, die in den letzten Jahren regelmäßig zur Spitzengruppe gehörte, noch erwartungsgemäß belegt sein, folgt schon auf Platz vier eine erste kleinere Überraschung: Trotz eines geringen Etats und ohne illustre Einzelspieler hat sich Heidenheim oben festgesetzt und konnte mit Union Berlin sogar einen der größeren Aufstiegsanwärter hinter sich lassen. Während sich der kontinuierliche Aufschwung in Heidenheim aber in den letzten Jahren abzeichnete, muss der Blick auf der Tabelle weit nach unten wandern, ehe man die namhaften und traditionsreichen Zweitligavereine findet, die in den letzten Jahren noch höhere Ansprüche stellten: Bochum, Fürth, Kaiserslautern und 1860 München rangieren nur im (unteren) Mittelfeld, weit hinter Würzburg und Dresden. Und der Vorjahresvierte, der FC St. Pauli, geht sogar als Tabellenletzter in die Winterpause.
Wenngleich diese Entwicklungen auf den ersten Blick überraschend wirken, spiegeln sie bei näherem Hinsehen ziemlich genau den Saisonverlauf und auch die spielerischen, taktischen Leistungen der achtzehn Zweitligisten wider: Während sich die Mittelklasseklubs ihrem teilweise länger anhaltenden, teilweise neuen, aber vorhersehbaren Abwärtstrend schwerlich entziehen können und mit einzelnen Ausnahmen auch nur fußballerische Magerkost anbieten, überzeugen vor allem die kleinen und neu dazu gestoßenen Mannschaften. Nicht nur, dass die Würzburger Kickers und Dynamo Dresden in der Tabelle weit vor Vereinen wie dem KSC, 1860 München oder eben St. Pauli stehen: Ausgerechnet die Aufsteiger haben sich angeschickt, anspruchsvollen Fußball mit Wiedererkennungswert in die ansonsten eher eintönige Liga zu bringen.
Durch die höhere individuelle Qualität der Absteiger einerseits und die spielerischen Ausrichtungen der Aufsteiger andererseits ist der Zweitligafußball in seiner Gesamtheit ein wenig variabler und ansehnlicher geworden. In einer interessanten Nebenrolle außerdem: Ursprünglich nicht eingeplante und vorher weitgehend unbekannte Trainer. Ungeachtet der allgemeinen Durchschnittlichkeit (oder positiv formuliert: der Ausgeglichenheit) der zweiten Liga lassen sich beim Blick auf die spielerische Herangehensweise im Detail schärfere Trennlinien erkennen.
Die harte Währung – Grau in Grau vor den Toren
Ein wesentliches Zweitligamerkmal bleibt auch nach den ersten 17 Spielen der aktuellen Saison bestehen: Die einzelnen Spielverläufe und die grundsätzlichen Kräfteverhältnisse in der Liga sind eng und umkämpft. Am besten lässt sich diese große Leistungsdichte neben der Punktzahl in der Tabelle (nur zehn Punkte Differenz zwischen Platz vier und Platz 13) an der Darstellung der Torschussverteilung verdeutlichen.
Im Gegensatz zur ersten Liga ist die Spanne zwischen den einzelnen Teams etwas kleiner: Der Großteil der Liga ballt sich um die Mittelwerte in Sachen abgegebene und zugelassene Torschüsse. Ausreißer in irgendeine Richtung sind selten, die Varianz der durchschnittlich zu erwartenden Chancenverteilung ist gering. In der Endabrechnung scheinen sich viele Vereine auf einem mittleren Niveau und ungefähr auf Augenhöhe zu begegnen. Konstante Überlegenheit herzustellen gelingt mit leichter Ausnahme von Hannover 96 keinem Zweitligisten, wohingegen auch kaum eine Mannschaft wirklich stark abzufallen scheint. Selbst zwischen dem breiten Mittelfeld und dem offensiv produktivsten Ligavertreter liegen eher geringe Unterschiede von circa drei bis vier Torschüssen.
Was den optischen Eindruck von überwiegend engen, ausgeglichenen oder auch etwas beliebigen Spielverläufen bestätigt, wird beim Blick auf die aussagekräftigeren Schüsse aufs Tor zusätzlich untermauert: Wenn es darum geht, ob mit den Abschlussversuchen auch tatsächlich Tore erzielt werden können, sind die Unterschiede zwischen dem Großteil der Liga noch geringer.
Wenn es um die Effizienz des Angriffsspiels geht, verlieren Hannover 96, 1860 München oder der 1.FC Nürnberg die Spitzenpositionen, die sie bei den allgemeinen Abschlüssen noch einnahmen. Offensichtlich geben die offensiv produktivsten Teams der Liga etwas zu viele Abschlüsse aus der Distanz und aus schlechten Positionen ab.
Weniger durchschlagskräftige Mannschaften wie Stuttgart oder Kaiserslautern holen hier leicht auf. Beide führen mit zehn Prozent ihrer Abschlüsse von innerhalb des Fünfmeterraums diesen ligaweiten Vergleich an, Stuttgart dominiert darüber hinaus auch die Abschlüsse im Strafraum deutlich. Da diese beiden Mannschaften im Gegensatz zu beispielsweise Nürnberg oder Bielefeld, die in dieser Hinsicht ebenfalls besser abschneiden als der Rest, weniger auf Flanken und Standardsituationen setzen, legen ihre jeweiligen Trainer vielleicht größeren Wert auf offensive Detailarbeit und klarere Vorgaben. Unbenommen dieser minimalen Verschiebungen ist das durchschnittliche Zweitligaspiel auf unaufregendem Niveau sehr ausgeglichen, wenn man die offensive Stärke und defensive Stabilität der Mannschaften gegenüberstellt.
Eine breite Glockenkurve wird gestreckt
Dass sich die beiden Absteiger aus Stuttgart und Hannover trotz ihrer individuell besser aufgestellten Mannschaften bisher nicht absetzen können, fügt sich daher auch in das Bild der überwiegend austauschbaren Spielverläufe ein. Während die Qualität höchster Spielklassen nach oben nicht gedeckelt ist, verlieren die unteren Ligen jedes Jahr ihre besten Mannschaften. Im Tausch werden sie aber durch Teams mit einigermaßen schweren Problemen von oben sowie Mannschaften mit begrenzten finanziellen Mitteln von unten ergänzt. Die Einzelspielerqualität ist dementsprechend in der zweiten Bundesliga deutlich gleichmäßiger verteilt, die Mittelklasse umso breiter gefächert und die Spiele folglich knapper. In der Durchschnittsmannschaft stehen einige wenige überdurchschnittliche Einzelkönner zahlreicheren unscheinbaren Akteuren gegenüber. Bemerkenswert an der aktuellen Saison ist allerdings, dass die Aufsteiger aus Würzburg und Dresden sich nicht nur auf eingespielte Abläufe und Aufstiegseuphorie verlassen, sondern die individuelle Qualität ihres jeweiligen Kaders stark unterschätzt wird: Vor allem in der Offensive verfügen beide über mehr als die üblichen ein oder zwei hervorstechenden Akteure und liegen trotz geringerer Gehälter und Etats damit wohl auch vor einigen etablierten Konkurrenten.
Die Gleichverteilung des Spielertalents, die Mutlosigkeit (oder weniger wertend: risikoaverse Zurückhaltung, womöglich als Reaktion auf ersteres) mancher Trainer und natürlich die spielkulturellen Leitplanken des deutschen Fußballs prägen dann den Zweitligafußball mit vielen langen Bällen und eher zurückhaltendem, tiefem Pressing. Mit Union Berlin, teilweise Bochum und Kaiserslautern sowie Hannover 96 gibt es in der Liga eigentlich nur drei oder vier Mannschaften, bei denen man von Angriffspressing als strategischem Grundpfeiler sprechen kann. Das liegt aber eben auch in der vor allem bei finanzschwachen Zweitligisten verbreiteten Spielanlage begründet, die gewissermaßen das Darmstadt-Phänomen weniger radikal in der zweiten Liga wiederholen: Viele lange Bälle im Aufbau lassen Bemühungen um frühen Zugriff des Gegners ins Leere laufen und verringern den offensiven Nutzen von hohem Pressing. Das eher tiefe Stören der meisten Zweitligisten ist außerdem in den letzten Jahren wohl besser organisiert geworden. Dennoch klafften in dieser Hinrunde bei einigen Mannschaften etwas zu große Lücken, die meistens durch zu enge Mannorientierungen hervorgerufen werden.
Die Folge sind noch mehr Mittelfeldduelle und halb abgebrochene Konter mit nie ganz planbaren Verläufen und Strukturen als in der ersten Liga. Zufallselementen wird so eine größere Bedeutung verliehen. Am Ende entscheidet die Art des Abprallers darüber, wer in den Angriff übergehen kann. In der Regel darf so jede Mannschaft ungefähr gleich oft aufs Tor spielen. Das macht es den überlegen besetzten Aufsteigern auch etwas schwerer sich durchzusetzen, zumal sie erst noch die Probleme des Vorjahres überwinden müssen.
Deutliche Stilbrüche im Vorwärtsgang
Den auf den ersten Blick wesentlichen, konkreten Unterschied zwischen dem Fußball in der ersten und zweiten Liga kann man im Spiel mit dem Ball ausmachen: Im Vergleich mit der ersten Liga werden nicht nur in der Breite, sondern auch im Vergleich der jeweils „besten“ Mannschaften deutlich weniger flache, kurze Pässe gespielt. Die Zweitligisten greifen absolut gesehen nur ein wenig häufiger zum langen Ball (geringere Nettospielzeit?), der Anteil hoher Schläge liegt aber dementsprechend eindeutig höher. Wenn Darmstadt 98 nächste Saison dann wieder in der zweiten Liga spielt und sich Borussia Dortmund etwas berappelt hat, wird der Unterschied vermutlich noch deutlicher ausfallen. Aber wie in jeder Liga lassen sich trotz der beschriebenen Faktoren, die das Spiel etwas beliebig und den Ausgang offen werden lassen, natürlich auch in der zweiten Liga mitunter markante Unterschiede im Spielstil erkennen.
Die Liga lässt sich an Hand des Umgangs mit dem Ball grob in drei Gruppen und ein paar Sonderfälle einteilen. Auf der linken Seite sind die Mannschaften der Gruppe „Direktheit im Ballbesitzspiel“ versammelt. Diese Teams verzichten weitgehend auf einen flachen Spielaufbau und bereiten ihre Angriffe nicht ausschweifend vor. Sie sind meistens mit vielen Angreifern und hohen Außenverteidigern gestaffelt und schicken den Ball frühzeitig auf die lange Reise in die gegnerische Hälfte. Auch nach Balleroberungen machen Sandhausen, Braunschweig, Würzburg, Heidenheim, Bielefeld und Nürnberg keine Kompromisse und schalten ohne Umschweife auf Angriff um, sodass sich in der Zusammenfassung eher wenig Ballbesitz ansammelt. Das Spiel aller genannten Mannschaften zeichnet außerdem ein flügellastiges Offensivspiel aus, was die Ballbesitzzeiten zusätzlich verkürzt.
Den Spielstil der zweiten Gruppe kennzeichnet entweder das Fehlen einer klaren Identität oder eine Uneindeutigkeit. Mannschaften aus der Mitte des Spektrums bekommen entweder öfter die Spielmacherbürde aufgedrängt als gewünscht oder haben Probleme beim Durchbringen der eigentlich auf mehr Ballkontrolle ausgelegten Strategie. Während sich St. Pauli und Düsseldorf grundsätzlich dem Konter- und Direktheitsansatz zuordnen lassen, litten Fürth und Bochum unter Schwierigkeiten mit ihrer ursprünglich auf Kombinationsspiel und flachen Aufbau ausgelegten Spielweise. Die Diagnose von Uneindeutigkeit und Unklarheit im Fokus trifft dagegen am ehesten auf Karlsruhe und 1860 München zu. Beim Aufsteiger Erzgebirge Aue handelt es sich um einen interessanten Sonderfall, dessen statistische Durchschnittswerte die einzelnen Leistungen sehr unzureichend abbilden.
Auf der rechten Seite der Grafik sind schließlich die wenigen Mannschaften zu finden, die sich offensichtlich mit viel Ballbesitz konfrontiert sehen und diesen auch konstruktiv zu nutzen versuchen. Der Umgang mit der eher dominanten Ausrichtung und der Ursprung der relativ hohen Anzahl flacher Pässe schwankt allerdings zwischen Hannover, Stuttgart, Kaiserslautern, Union Berlin und den Aufsteigern aus Dresden erheblich.
Eintracht Braunschweig | 1. FC Heidenheim | Würzburger Kickers | SV Sandhausen | 1. FC Nürnberg | Arminia Bielefeld | FC St. Pauli | Fortuna Düsseldorf | Karlsruher SC | SpVgg Greuther Fürth | 1860 München | VfL Bochum | Erzgebirge Aue | Dynamo Dresden | VfB Stuttgart | Union Berlin | 1. FC Kaiserslautern | Hannover 96
Die Direkten: Offensivpräsenz, Wucht und Unterschiede in der Substanz
Ein Tabellenführer aus der Gruppe derer, die sich am wenigsten mit Ballbesitz aufhalten und den gewissermaßen simpelsten Fußball spielen, mag sinnbildlich und passend für die zweite Liga erscheinen. Damit täte man Eintracht Braunschweig und Trainer Lieberknecht allerdings Unrecht. Die Niedersachsen treten auf der einen Seite zwar zweifellos mit einem unspektakulären und linearen Fußball auf, beweisen ihre Eingespieltheit darüber hinaus aber immer wieder mit klugen Anpassungen an den Gegner und kleineren taktischen Highlights. Die Grundstruktur, das hauptsächlich verwendete 4-4-2 mit einer klassischen Rollenverteilung im zentralen Mittelfeld (ein Sechser – meistens Quirin Moll – tiefer, absichernd und entlastend; der andere – meistens Patrick Schönfeld – offensiv und vertikal nachstoßend), deutet bereits ihre prägnante Stabilitätsausrichtung an.
Braunschweig geht mit dem Ball kaum ins Risiko, besetzt und bespielt das Zentrum nur sehr spärlich und ist immer um eine gute Absicherung der eigenen Angriffe bemüht. Die Außenverteidiger werden auf der jeweiligen Seite kurzzeitig eingebunden, starten dann aber spätestens mit dem Abkippen des tieferen Sechsers nach vorne, wo die beiden Flügelspieler ursprünglich breit gestaffelt stehen. Zusammen mit den viel nach außen ausweichenden Stürmern und dem nachsetzenden höheren Sechser kann die Eintracht nach langen Bällen in die offensiven Flügelräume oder seltenerem flachen Aufrücken über außen gut Druck auf die zweiten Bälle ausüben und sich anschließend mit funktionierenden Offensivbewegungen Abschlüsse erarbeiten. Dabei wird vor allem Dominik Kumbelas herausragende Eignung als Zielspieler fokussiert, der mit Beweglichkeit, Antizipation und Absprungtiming seine Größennachteile mehr als nur kompensiert und Spielstärke mit Tiefgang kombiniert. Die hauptsächliche Torgefahr muss sich aber überwiegend aus gut ausgespielten Kontern ergeben, bei denen ebenfalls die Laufwege der Stürmer nach außen, erneut hauptsächlich durch Kumbela, eine wichtige Rolle spielen. In den Folgeszenen zeichnet das Braunschweiger Spiel die gewissenhafte Raumbesetzung durch die nachrückenden Mitspieler aus, die auch den überwiegend schnellen und dribbelstarken Flügelspielern entgegen kommt.
Auch im Spiel gegen den Ball ist vom aktuellen Ligaprimus keine taktische Revolution zu erwarten, aber eine strategisch clevere und disziplinierte Ausführung des Standardplans, garniert mit einzelnen ansehnlichen Anpassungen. Das 4-4-2-Mittelfeldpressing ist trotz latenter Mannorientierungen auf den Flügeln und manchmal kleinerer Probleme im Sechserraum bei Unterzahlsituationen kompakt, gut organisiert und griffig. Ein kollektiver Übergang ins Angriffspressing erfolgt sehr selten, die beiden Stürmer rücken je nach Gegner und Spielsituation aber regelmäßig weiter vor und stören das gegnerische Aufbauspiel. Da die Mittelfeldkette in solchen Szenen jedoch tiefer in der Nähe der Abwehr verbleibt, zeigt sich die Lieberknecht-Elf für die folgenden langen Bälle gut gerüstet, während der mitunter große Raum zwischen den beiden vorderen Pressingreihen ohnehin von kaum einem Zweitligisten ausgenutzt wird.
Sehr schöne Anpassungen an den Gegner, wie mit dem nach innen leitenden 4-4-2-Trichterpressing im Derby gegen Hannover, mit einer noch stabileren Abwehrreihe im 5-3-2 (zu Beginn der Saison mit Moll als umsichtigem und passstarkem Innenverteidiger) oder später im 5-4-1 funktionierten in der Hinrunde ebenso gut, sodass Braunschweig mit strategisch unspektakulärem, aber funktionalem und eingespieltem Pressing zu überzeugen weiß. Im Ballbesitz gibt es mit Positionswechseln zwischen Außenverteidigern und Flügelspielern, mit denen gegnerische Mannorientierungen geknackt werden sollen, und kurzzeitigem Einrücken der Außenverteidiger im zweiten Drittel zur Dreiecksbildung auf dem Flügel ebenfalls punktuelle Hinweise darauf, dass die Eintracht etwas mehr als ein taktisches Durchschnittsteam ist. Es sind besonders diese kleineren Abweichungen vom auf dem Papier eher drögen Plan, die Braunschweig in die Spitzengruppe der Liga bringen. Eine leichte Überperformance eben wegen der Eingespieltheit (ein Vorteil, der im Lauf der Saison eher abnehmen müsste), einer überdurchschnittlichen Chancenverwertung und recht großen Problemen beim Kreieren guter Chancen gegen ihrerseits passive Gegner lässt die Herbstmeisterschaft aber nicht als die einzig logische Konsequenz der Eintracht-Hinrunde erscheinen.
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Was für Braunschweig gilt, ist auch auf den 1.FC Heidenheim übertragbar: Die lange Zusammenarbeit mit dem Trainer und eine kontinuierliche Entwicklung der Mannschaft führen zu gruppentaktischen Vorteilen, die in einer qualitativ ausgeglichenen Liga umso wichtiger sind. Und auch die von Frank Schmidt trainierten Heidenheimer setzen auf das 4-4-2 als Grundformation, verglichen mit Braunschweig aber sogar fast dogmatisch, ohne länger anhaltende Abweichungen. Auch die Heidenheimer Offensive lebt von Direktheit, Flügel- und Konterspiel und ist dabei sogar noch etwas stärker auf das Wirken von Mark Schnatterer fixiert, als die Braunschweiger auf Kumbelas Produktivität hoffen. In der Umsetzung ihres 4-4-2, das im Heidenheimer Fall nicht mehr nur Grundformation, sondern auch wirklich ein „System“ ist, sind die Schwaben ebenfalls radikaler.
Heidenheims größte Stärke ist vermutlich die Kohärenz ihres aufrückenden Pressings und die Verlässlichkeit, mit der sie die Pressingtrigger in Form von bestimmten Rückpässen oder schlechten Ballkontakten auf Seiten des Gegners erkennen und nutzen. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, schieben sie aus dem 4-4-1-1-Mittelfeldpressing mit Mannorientierungen weit nach vorne in ein zustellendes 4-4-2 durch, sind dabei synchron, dauerhaft kompakt und hervorragend aufeinander abgestimmt. Im tieferen Verteidigen zeigt sich ihre Eingespieltheit im gewissenhaften Aushelfen für den Mitspieler, in nur sehr selten ausbleibenden Positionsübernahmen für einen zum Beispiel zur Seite herausgezogenen Kollegen, und in dauerhaft passenden Abständen zueinander. Mit diesem guten Wechsel zwischen Kompaktheit und dann hochfahrender Intensität im Attackieren wird Heidenheim für eigentlich jeden Gegner unangenehm. Operiert die gegnerische Elf mit vielen langen Bällen und vielen Stürmern, wird die Abwehr durch die mannorientiert zurückfallenden Flügelspieler zur Fünfer- oder Sechserreihe verstärkt und kann Flanken gut verteidigen. Ebenfalls wesentlich für die enorme defensive Stabilität, die die Schmidt-Elf über die bisherige Saison an den Tag legte, sind die ungemein arbeitsamen Stürmer, die sich am Rückzug der Mannschaft zuverlässig und teilweise bis an den eigenen Strafraum beteiligen.
Würde man das Heidenheimer Spielprinzip pointiert zusammenfassen, wäre „Kompaktheit zum Ball“ wohl ohnehin der heißeste Kandidat: Auch im Angriffsspiel setzt der FCH nämlich auffällig oft auf gut organisierte Ballungen in der gegnerischen Hälfte. Aus dem 3-1-4-2-haften Aufbau mit den beiden Innenverteidigern und dem abkippenden Titsch-Rivero in der Dreierreihe spielt Heidenheim meistens direkt und linear nach vorne. Lediglich die Höhe der Außenverteidiger variiert ein wenig, da manchmal der Rechtsverteidiger Strauß mit ein paar ballschleppenden, ankurbelnden Dribblings hervorsticht. Die Wirksamkeit des schnellen Aufrückens wird durch ihr verschobenes 4-4-2 hergestellt, das sozusagen das gewöhnliche 4-4-2 an der Außenlinie der Ballseite staucht. Mit diesen überladungsähnlichen Kollektiv-Bewegungen zu beiden Seiten schaffen sie füreinander mehrere Passoptionen und ziehen ein sehr intensives und zugriffsstarkes Gegenpressing auf, das ihnen ein nicht immer effektives, aber eigentlich immer sehr zielstrebiges Durchspielen der Angriffe in die Tiefe erlaubt. Aus ihrer Aufbaustaffelung kommen sie so meistens mit klaren Aktionen in die gegnerische Hälfte und sind dabei gut abgesichert. Wie auch bei Kontern wird dann vor allem das Herüberrücken des oft spielmachend auftretenden Schnatterer zum Ball der Ausgangspunkt größerer Torgefahr.
Das zur Seite versetzte 4-4-2 wird auch bei den etwas selteneren Versuchen kontrollierter Übergänge nach vorne sichtbar, wenn die Innenverteidiger einen Flachpass auf den eingerückten Flügelspieler spielen, der auf den aufgerückten Außenverteidiger klatschen lässt und so die Vorbereitung für den Steilpass auf den nach außen driftenden Stürmer gibt. Insgesamt erledigt Heidenheim seinen Pressing- und Umschaltfußball also dank eingebrannter Mechanismen sehr konsequent und unspektakulär-erledigend, aber mit nur geringfügigen und von außen schwer als solchen zu identifizierenden Anpassungen. Im Ballbesitz zeigt die Schmidt-Elf auch einzelne gute Ansätze mit einer gewissenhaften Raumbesetzung innerhalb ihrer Überladungen. Zumindest vorübergehend reicht das für Tabellenplatz vier.
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Dass es für die Heidenheimern nicht zum Titel „Überraschungsmannschaft“ reicht, liegt an einem Aufsteiger, der seinen direkten Durchmarsch aus der vierten Liga vorerst auf Platz sechs in der zweiten Liga weiterführt: Die Würzburger Kickers haben sich nicht nur schnell an die neue Spielklasse gewöhnt, sondern sind allen Konkurrenten um die Nichtabstiegsplätze enteilt. Unabhängig des konkreten Tabellenplatzes stellt sich aber die Frage, ob das Vermeiden des Abstiegs überhaupt der Anspruch der Kickers bleiben muss: Vor allem in der Offensive ist der FWK technisch-taktisch deutlich besser besetzt als so manch etablierter Zweitligist, und in der Defensive überzeugt die Hollerbach-Elf mit Stabilität und einem sehr harmonischen Pressing. Dabei wechselten die Formationen in der Hinrunde recht häufig. Während zu Saisonbeginn ein sehr griffiges und aggressives 4-3-2-1 als Umformung aus einem 4-1-4-1 zu sehen war, bildete später ein 4-4-1-1 das Grundgerüst, das allerdings auch einmal von einem asymmetrischen 3-4-2-1 abgelöst wurde.
Die Prinzipien im Spiel gegen den Ball blieben dabei stets unverändert. Würzburg setzt meistens auf ein eher tiefes, kompaktes, aber zum Ball dann recht intensives Pressing. Der Gegner soll ein wenig angelockt werden, um die Möglichkeiten zur Balleroberung im Mittelfeld zu maximieren und dann schnell umzuschalten. Zeigte sich das 4-3-2-1 mit sehr aggressiven Achtern und einem viel zu stark mannorientierten Sechser im Zentrum trotz der energischen Aktivität noch zu anfällig, überzeugt vor allem das 4-4-1-1 durch sehr flüssige Übergänge, harmonische Verschiebebewegungen und gutes Wegleiten des Ballführenden nach außen. Auffällig sind ebenfalls bei allen Formationsvarianten die mannorientiert auftretenden Flügelspieler, die ihre Gegenspieler mitunter sehr weit verfolgen. Die im hinteren Bereich nicht unbedingt berauschende Qualität der Einzelspieler (weil die Sechser Lagos und Taffertshofer zwar talentiert, aber physisch bei langen Bällen etwas wacklig sind, musste dort oft Junior Diaz spielen – Spieler, die beim SV Darmstadt aussortiert wurden, sollte man eigentlich gar nicht, erst recht aber nicht im zentralen Mittelfeld einsetzen) konnte so in der Hinrunde überwiegend kompensiert werden und machte aus den Kickers eine der stabilsten Mannschaften der Liga.
Im Spiel nach vorne sehen die Franken auf den ersten Blick zwar eher unspektakulär aus, sind aber auch recht abhängig von der Konstellation ihrer Offensivspieler auf dem Platz: Vor allem wenn der extrem umtriebige und kombinationsstarke Soriano aus dem Sturmzentrum ausweicht, der hervorragende Dynamikdribbler Daghfous von der linken Seite viele Aktionen nach innen anbringt und der mit seiner enormen Beweglichkeit und seinem hohen Aktionsradius überall verbindende Benatelli auf dem Platz steht, sind von den Kickers schnelle, flüssige und diagonale Spielzüge zu sehen, die in dieser Form nur wenige Zweitligisten (und auch nicht gerade viele Erstligisten) zustande bringen. Solche Offensivaktionen sind aber ebenso hochklassig wie nur inkonstant abrufbar. Vor allem in den letzten Hinrundenspielen fehlte ohne den im Aufbau weit hinten links herauskippenden und antreibenden Zehner/Halbstürmer Rico Benatelli und mit Junior Diaz auf der Sechs eine Station für den Übergang nach vorne und zum Aktivieren des spielerischen Potenzials der Offensivkräfte. Aber auch vorher griff Würzburg im Aufbau oft auf lange Bälle aus einem 4-2-4-Aufbau (alternativ mit dem ballfernen Außenverteidiger extrem weit aufgerückt und einem tieferen Sechser) zurück und suchte nach Möglichkeiten, sich zum Beispiel über Daghfous‘ Dribblings vorne festzusetzen. Der junge Zehner Schröck, der in dieser letzten Phase häufiger zum Zug kam, spielte dabei eine wichtige Rolle als nach außen ausweichender Mann für die zweiten Bälle, als spielerisch gute Umschaltstation und überzeugte vor allem durch sehr kluges Pressingverhalten.
Dieses einerseits sehr gute Pressing und die punktuell hervorragenden Angriffszüge sind schlussendlich auch Aspekte, die die Würzburger Kickers neben der unterschätzten individuellen Qualität in der oberen Tabellenhälfte, mindestens aber im gesicherten Mittelfeld halten könnten. Gerade die offensive Produktivität dürfte wegen des eher direkten Spielaufbaus aber wohl der unsicherste Faktor im weiteren Saisonverlauf der Franken sein. Vielleicht fällt wegen der guten Hinrunde ähnlich wie in Braunschweig und Heidenheim die spielschwache Hintermannschaft zunehmend ins Gewicht und bremst den rasanten Aufstieg der Kickers ein wenig ein, große Abstiegssorgen sind aber nur schwer vorstellbar.
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Ob der SV Sandhausen ebenfalls eine entspannte Rückrunde vor sich hat, scheint wegen der etwas geringeren individuellen Qualität dagegen nicht ganz so selbstverständlich. Das war der aktuelle zehnte Tabellenplatz aber auch nicht. Mit dem jungen Trainer Kenan Kocak hat sich der SVS nach den erfolgreichen letzten Jahren vor allem im Spiel gegen den Ball weiterentwickelt: Wurde unter Vorgänger Alois Schwartz noch auf ein tiefes und eher reaktives Pressing gesetzt, hat Kocak seine Mannschaft im Lauf der Hinrunde zu mehr Aktivität und Aggressivität erzogen. Spätestens seit der Länderspielpause kann diese Entwicklung als vorerst abgeschlossen gelten, wie Sandhausen-Experte Marius Kaltwasser in seinem sehr guten Hinrundenfazit beschreibt, das er uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat:
„[…] Das wohl wichtigste taktische Mittel der Sandhäuser ist ihr Angriffspressing. Gegen den Ball praktizierte der SV Sandhausen nun deutlich häufiger und länger ein hohes Pressing im 4-4-2, welches auf Grund der Mannorientierungen situativ zu einem 4-2-4 wechselte. Der SVS störte dabei wesentlich aggressiver als andere Teams und griff den Gegner bereits weit in dessen Hälfte an. Durch Mannorientierungen gelang es ihnen eine direkte Zuordnung auf dem Platz zu erreichen: Die beiden Stürmer attackierten die Innenverteidiger, die beiden Flügelspieler gingen auf die Außenverteidiger, und die Sechser nahmen die gegnerischen Sechser auf bzw. verfolgten sie bei Abkippbewegungen bis weit in die gegnerische Hälfte hinein. Mit dieser aggressiven Taktik lenkten die Hardtwälder den Spielaufbau ihres Gegners auf die Außenverteidiger. […] Um ein Vertikalspiel des Gegners zu verhindern, rückte die ganze Mannschaft weit auf. Die Viererkette postierte sich in vielen Situationen auf Höhe der Mittellinie. Die Sandhäuser agierten dadurch zwar weit vorne, da die Viererkette aber ebenso weit aufrückte entstanden kaum Zwischenräume.“
Damit kommt der SVS zwar nur selten zu hohen Ballgewinnen und eigenen Torchancen, erzwingt aber viele lange Bälle des Gegners und lässt einen sehr unangenehmen Spielrhythmus entstehen. Dazu trägt auch der eigene Spielaufbau bei: Abgesehen von kleineren spielerischen Ansätzen auf den Flügeln zeichnet das Sandhäuser Spiel eine große Direktheit im Aufbau mit vielen langen Bällen aus. Die Außenverteidiger schieben weit vor, ein Sechser kippt ab und sein Nebenmann gibt Druck auf den zweiten Ball. Eine Besonderheit des Sandhäuser Ballbesitzspiels stellen die sehr engen Flügelspieler dar, die den Raum um die zahlreichen Abpraller und losen Bälle herum zusätzlich verknappen und den Gegnern zusätzlichen Druck bereiten. Das wird durch den sehr umtriebigen und fleißigen Wandspieler Höler, der in den letzten Spielen an der Seite von Stammstürmer Wooten im 4-4-2 auflief, noch zusätzlich verstärkt. Die Außenverteidiger geben nach den eventuell gewonnenen Bällen im Mittelfeld die Breite, während die eingerückten Flügelspieler und der manchmal nach rechts ausweichende Wooten auf den schnellen Durchbruch drängen.
Mit solchen verlässlich abrufbaren, einfachen Mitteln drückt Sandhausen nicht allen, aber vielen Gegnern seine intensive Spielweise auf und hat bisher wenig mit den Abstiegsrängen zu tun.
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Sandhausens ehemaliger Trainer Alois Schwartz führt sein Weg derweil beim 1.FC Nürnberg fort und bestätigt weitgehend die Eindrücke von seiner vorherigen Station: Auch die Franken sind im Pressing grundsätzlich nicht aktiv eingestellt, rücken aber immerhin je nach der Spielanlage des Gegners auch mal über längere Phasen höher heraus. In den dennoch überwiegenden Phasen des tiefen 4-4-2 oder 4-4-1-1 herrschen Mannorientierungen der Sechser und Außenverteidiger und eine recht stark ausgeprägte Passivität vor. Die gesamte Mannschaft gibt wenig Druck auf den Ball, die beiden Stürmer ziehen sich kaum einmal aggressiv zusammen und der Club kommt nur selten zu erzwungenen Balleroberungen. Das tiefe Lauern zielt eher auf Stabilität durch die robuste, manndeckende Endverteidigung und das Abfangen der gegnerischen Risikopässe in Richtung des Strafraums ab.
In der Offensive sind die Parallelen zu Sandhausens Spiel unter Schwartz ebenso offensichtlich: Nürnberg operiert mit vielen langen Bällen, longline-Pässen und einer 4-2-4-Struktur mit einem abkippenden Sechser. Im Nürnberger Fall kommt allerdings eine Fokussierung auf ihren offensiv gefährlichsten Spieler Guido Burgstaller hinzu. Wenn der Österreicher auf dem linken Flügel der 4-2-3-1-Formation auflief, wurden die langen Bälle nicht ins Zentrum, sondern eben auf Burgstaller auf der (halb-)linken Seite gespielt – irgendwas würde dem wuchtigen und entscheidungssicheren Stürmer schon einfallen. Mit dem direkten Spiel wird nicht einmal ein allzu intensives Gegenpressing vorbereitet: Beide Sechser halten sich meistens zurück, der andere Flügelspieler oder der Stürmer schalten sich auch nicht übermäßig viel ein. Lediglich Zehner Möhwald arbeitet etwas mehr zu den Seiten. Stattdessen bezieht Nürnberg seine Abschlüsse aus Kontern nach den eher hingenommenen als erzwungenen Ballgewinnen und vor allem aus Standardsituationen. Den erhöhten Stellenwert, den die ruhenden Bälle im Matchplan der Franken einnehmen, kann man auch an der Anzahl an Spielern erkennen, die der Club bei Eckbällen vor das Tor schickt: Schwartz beorderte bei normalen Spielständen regelmäßig sechs Akteure in den Strafraum, während sich die überwiegende Mehrheit der Teams (europaweit) auf fünf potenzielle Abnehmer beschränkt (coole Mannschaften nehmen nur vier und spielen Ecken kurz aus).
Bei diesem wuchtigen und körperbetonten Spiel, das zudem auch nach hinten nicht besonders viel Stabilität erzeugte, entstand oft der Eindruck, als würden die spielerischen Möglichkeiten des Kaders kaum ausgenutzt: Vor allem im Zentrum, dem Bereich, den Nürnberg in manchen Spielen wie kaum eine andere Mannschaft umspielt und ignoriert, verfügt der Club über interessante Spieler. Die Sechser Petrak und Behrens sind ungemein variabel, in allen Bereichen auf gehobenem Zweitliganiveau und nicht auf eine bestimmte Rollenverteilung festgelegt. Sie verfügen über eine zufriedenstellende Pressingresistenz, sind insbesondere nach Abprallern und in direkten Duellen im Mittelfeld sehr zugriffsstark und clever und auch im Passspiel äußerst solide. Vor dieser vielleicht harmonischsten Doppelsechs der Liga werden auch die technisch sehr guten Fähigkeiten von Möhwald und seine kreativen Impulse nur sehr sporadisch abgerufen. Die Wucht der Offensivspieler, auch vom schnellen und durchschlagskräftigen Flügeldribbler Kempe oder vom immer etwas unterschätzten Support-Stürmer Matavz, kommt so nur punktuell ins Spiel.
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Vermeintliche Luxusdiskussionen wie das Problem schlecht eingebundener Einzelspieler sind Fans von Arminia Bielefeld beim aktuellen Tabellenstand wohl eher fremd. Nach einem schwachen Saisonstart haben die Ostwestfalen schon einen Wechsel an der Seitenlinie hinter sich, konnten bisher aber auch mit dem ehemaligen Stuttgart-Trainer Kramny keine nachhaltige Wende einleiten. Unter seinem Vorgänger Rüdiger Rehm, der mit großen Vorschusslorbeeren aus Großaspach nach Bielefeld gekommen war, führte das mit dem Ball sehr simple und eindimensionale, aber im Pressing um Mut und kompakte Aktivität bemühte 4-4-2 zu knappen Spielverläufen und vielleicht auch manchmal unglücklichen Punktverlusten. Das sehr unverbundene, flügellastige und auf Flanken ausgerichtete Offensivspiel produzierte immer Abschlüsse in beide Richtungen. Im Spielaufbau prägten die schlechten Freilaufbewegungen der Sechser und folglich lange Bälle und longline-Pässe mit aggressiv hinterlaufenden Außenverteidigern ohne guten Gegenpressingzugriff das Auftreten der Arminia. Nur im zwischenzeitlich verwendeten 4-1-4-1 zeigte die Rehm-Elf tatsächlich kurzzeitig gute spielerische Ansätze über die überladenen Flügel, indem ein Achter im Aufbau hinter den Außenverteidiger herauskippte und schnelle Vertikalkombinationen anschob. Ansonsten lebte die Arminia-Offensive von wenigen, aber wegen des hohen Tempos relativ eindrücklichen Angriffsszenen.
Die größten Änderungen nach dem Trainerwechsel sind vermutlich im Pressing zu beobachten gewesen. Während unter Rehm noch mehr oder weniger regelmäßig versucht wurde, aus dem relativ kompakten Mittelfeldpressing die Übergänge ins höhere Stören zu bewältigen und den Gegner früh unter Druck zu setzen, ist sowohl unter dem Interimstrainer als auch seit Kramnys Amtsantritt weniger Intensität im Pressing festzustellen gewesen. Selbst nach Ballverlusten in der Nähe des gegnerischen Tores presst Bielefeld kaum einmal bis zu den Innenverteidigern durch, der Rückzug ins tiefe Mittelfeldpressing ist das oberste Gebot. Dabei deuten sich manchmal schon mehr Mannorientierungen und eine etwas geringere Horizontalkompaktheit im Mittelfeld an, die schon einst Kramnys Stuttgarter auszeichneten. Eindeutige Tendenzen für eine Entwicklung im Angriffsspiel sind bisher noch nicht auszumachen. Konter, einzelne gute Aktionen der starken Klos und Junglas und Flügelspiel prägen auch bei manchmal etwas längeren Passfolgen in der Abwehr vor dem langen Ball weiterhin das DSC-Spiel. Ob Bielefeld-Fans einer ruhigen und ungefährdeten Rückrunde entgegensehen dürfen, ist bei diesem Weg eher fraglich.
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Die undefinierte Mittelwertgruppe: Konterteams mit zu viel Ballbesitz, strauchelnde Ambitionen und zaghafte spielerische Ansätze
Einer ruhigen Rückrunde ganz sicher nicht entgegensehen wird man in Hamburg: Der FC St. Pauli ist nach großen Problemen am Anfang der Hinrunde und einer zu späten Stabilisierung auf den letzten Platz abgerutscht. Dabei hat sich an der grundsätzlichen Ausrichtung der Elf von Ewald Lienen nicht viel geändert, die recht prominenten Abgänge nach der starken Vorsaison konnten aber weder personell, noch taktisch kompensiert werden: Mit Sebastian Maier (nach Hannover), Marc Rzatkowski (nach Salzburg) oder Enis Alushi (nach Nürnberg) riss die Transferperiode im Sommer in der technischen und kreativen Abteilung ein Loch in das offensive Fundament. Ohne die spielstarken Mittelfeldspieler fehlt dem Kiez-Klub die Durchschlagskraft und Präzision bei Umschaltangriffen und die Kreativität in Überladungen. Bei einer auf Konter ausgerichteten Mannschaft bleiben so am Ende nur wenige Varianten für das Erzeugen von Torgefahr, sodass der namhafte Stürmer-Neuzugang Bouhaddouz aus Sandhausen kaum einmal wirklich in Szene gesetzt werden konnte.
Als den Paulianern zu Saisonbeginn auch noch die Kompaktheit im tiefen 4-4-2-Pressing und die Aggressivität im Ausfüllen der zahlreichen Mannorientierungen abgingen, waren die Chancen auf Punkte noch weiter reduziert. Probleme in der Endverteidigung rundeten das schwache Auftreten der Hamburger zum damaligen Zeitpunkt ab: Die Bewegungen im Abwehrverbund gerieten zu individuell, bewegliche Offensivspieler rissen beständig Lücken in die Defensive. Erst im Lauf der Hinrunde gelang es, auch mit Hilfe einer Umstellung auf ein 4-1-4-1 (mit dem vorher als Sechser schlecht eingebundenem Buchtmann nun auf der Acht) die anfällige Defensive etwas zu stabilisieren. Dazu trug vor allem auch eine Steigerung der Intensität im Pressing bei, das jetzt wiederholt als hohes 4-3-3 oder 4-4-2 interpretiert wurde. Diese größere Aggressivität und Aktivität konnte häufiger, aber auch nicht immer die Probleme mit der gruppentaktischen Kohärenz gegen den Ball überdecken: Vor allem das sehr weite manndeckende Verfolgen eines zurückfallenden Gegenspielers durch die St. Pauli-Innenverteidiger wurde von den Mitspielern schlecht abgesichert und zwang die gesamte Mannschaft dann zum Stopfen der Löcher in ein kollektives Zurückweichen. So brachte die Lienen-Elf ihre gewollte Intensität nicht dauerhaft durch und ließ sich weiterhin zu leicht in der eigenen Hälfte festdrücken.
Im Spielaufbau setzen die Hamburger auf lange Bälle als bevorzugtes Übergangsmittel nach vorne. Anders als die meisten Mannschaften aus der Direktheits-Gruppe rückten sie aber nach den ersten Misserfolgen in der Saison davon ab, die Außenverteidiger weiterhin früh nach vorne zu schicken. Stattdessen wurde die Viererkette öfter zum Durchspielen mit flachen Pässen hinten zusammengehalten, um den vier breit gestaffelten Offensivspielern und einem höheren Mittelfeldakteur Zeit zu geben, die gewünschten Konstellationen für den langen Ball herzustellen. Diese manchmal ziellos ausschweifende Vorbereitungszirkulation der spielschwachen Hintermannschaft wurde durch den vormals abkippenden und jetzt nur tief positionierten Nehrig unterstützt und fast nie mit Pässen ins Zentrum fortgeführt. Durch die zusätzlichen Spieler hinten wurde aber immerhin das große Loch im Zentrum abgesichert.
Zunehmend stellten sich außerdem Überladungen der Flügel nach Anspielen der Außenverteidiger nach vorne und generell eine horizontal kompaktere Spielweise im Ballbesitz ein, die die leichte Stabilisierung beförderte. Nach zweiten Bällen oder einfachem Flügelaufrücken zeigten sich so auch öfter die Dribblingfähigkeiten der ballsicheren und beweglichen Sobota, Choi und Miyaichi. So wurde den Außenverteidigern die Gelegenheit zum Aufrücken gegeben und der Weg zur Grundlinie geöffnet. Aus spielerischer Sicht sind kurze Ablagekombinationen um Wandspieler Bouhaddouz herum mit dem Zehner oder einem einrückenden Flügelspieler (der jeweilige Außenverteidiger rückt dafür schon früher weit auf) und Kopfballweiterleitungen insgesamt dennoch das höchste der Gefühle geblieben. Nicht nur von St. Pauli-Fans dürften Spiele mit Beteiligung des Vorjahresvierten daher eher selten als erbauliche Veranstaltungen wahrgenommen worden sein.
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Aber auch als Fußballfan, der es gewohnt ist, dass die Aussagen bei Sky, in der Sportschau oder im Kicker relativ wenig mit den eigenen Einschätzungen gemein haben, wird man hin und wieder noch überrascht: Die Spielweise von Fortuna Düsseldorf stellt einen der nicht ganz so häufigen Fälle dar, in dem das eigene Urteil auch von der Meinung tatsächlicher Experten relativ stark abweicht, in diesem Fall von aktuellen Trainern und Spielern. Es war nämlich immer mal wieder zu lesen, die Düsseldorfer würden – anders als die meisten anderen Mannschaften – konstruktiver und spielstärker auftreten. Aber weder die Zahlen, noch der Eindruck aus den gesehenen Spielen konnte das in dieser Form bestätigen: Fortuna Düsseldorf hat zwar etwas mehr den Ball als Braunschweig oder Sandhausen, stellt damit aber auch nichts unglaublich Interessantes an. Das Aufbauspiel der Rheinländer zeichnet sich durch hohe Außenverteidiger, einen abkippenden Sechser und viele lange Bälle auf die Offensivspieler, bevorzugt in die Flügelräume, aus. Weder das Andribbeln des jungen Innenverteidigers Akpoguma, noch das vereinzelte Einrücken und Ballfordern der Flügelspieler mit dann kurzzeitiger Dreiecksbildung reichen aus, um dem Düsseldorfer Spiel irgendeine Ausnahmestellung zu attestieren. Stattdessen spielt die Funkel-Elf so, wie man das auch ungefähr erwarten würde: Direkt nach vorne, viel über die Flügel, mit viel Breite und vielen Flanken, und mit einem tiefen und kompakten 4-4-1-1-Pressing mit einigen Mannorientierungen im defensiven Zentrum. Das Entlanghangeln der Spieler von einer Mannorientierung zur nächsten funktioniert meistens zuverlässig, aber offenbart auch manches Mal noch Lücken. Dass Düsseldorf am Anfang und am Ende der Hinrunde diese Spielweise in einer 4-1-4-1-Formation vortrug, war noch das auffälligste an der Fortuna. Eigentlich verpackte Düsseldorf nur gewöhnlichen 4-4-2-Fußball in ein „modernes“ 4-1-4-1.
Man könnte noch andere Punkte anführen: Ein aufbaustarker, moderner Innenverteidiger wie Kaan Ayhan lief oft als Achter im 4-1-4-1 oder als höherer Sechser im 4-4-2 auf und wurde dann meistens überspielt, und ein passstarker und kreativer Spieler wie Arianit Ferati spielt entweder gar nicht, oder soll auf dem (falschen) Flügel zur Grundlinie rennen und flanken. Das ist vollständig legitim, wäre aber bei lobenswerten Mannschaften anders. Wenn Ayhan oder der jeweils tiefere Sechser (im 4-1-4-1 meistens Bodzek) zwischen die Innenverteidiger abkippt und die Außenverteidiger ihre Vordermänner in Richtung des Zentrums drücken, ergeben sich wie gesagt immerhin manchmal tragfähigere Strukturen und Düsseldorf hält tatsächlich den Ball etwas länger in den eigenen Reihen. Außerdem werden dann situativ auch flache Risikopässe auf die Achter eingestreut, die tatsächlich lobenswerte Ansätze darstellen. Ebenso vereinzelt gelingt es dann auch, sich konstruktiv mit flachen, einigermaßen schnellen Passfolgen und Ablagen aus etwas engeren Situationen bis nach hinten freizuspielen, um neu aufzubauen.
Alles in allem sind diese kleineren spielerischen Ansätze aber auch nicht hervorhebenswürdig genug, um den grundsätzlichen Umschalt- und Stabilitätsfokus der Düsseldorfer kategorisch aufzuwerten. Wenn der tempostarke und technisch gar nicht mal so schwache Bebou nach außen ausweicht und als Empfänger für lange Bälle bereit steht, kriegt er Unterstützung von den linear veranlagten Außenverteidigern und dem unermüdlichen Flügelarbeiter Bellinghausen, sodass das Fehlen eines klassischen Zielspielers im Zentrum die Effektivität der langen Bälle nicht dauerhaft mindert. Mit den 3-3-4-Staffelungen im Aufbau und dem konsequenten Durchspielen von Kontern zur Grundlinie wurde vor allem mit Sechser Bodzek auf dem Platz einigermaßen eine Balance aus Stabilität und Offensivpräsenz geschaffen. Das genügt in der zweiten Liga bisher für 25 Punkte und Platz acht.
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Ein weniger langballlastiger Spielaufbau mit einer durchschnittlichen Anzahl an Kurzpässen hat in Karlsruhe dagegen nicht ausgereicht, sodass sich der Karlsruher SC in die Reihe der Zweitligisten einfügt, die bereits den Trainer auswechselten. Die Badener zeigten zu Beginn der Saison im Ballbesitz ein paar interessante Ideen, ließen es aber an der gruppentaktischen Konsequenz vermissen. Besonders auffällig wurde dies bei der fehlenden Reaktion der Mannschaft auf die ausschweifende Einbindung von Torwart Vollath im Aufbau, der zwar viele Ballkontakte auch weit vor seinem Tor sammelte, aber eben kaum kurze Anspielstationen fand. So verpuffte der offensive Effekt dieser eigentlich lobenswerten Maßnahme ebenso, wie einige Überladungen um Yamada herum nicht in große Durchschlagskraft umgewandelt werden konnten. Mit dem danach zu positionsorientiert ausgefüllten 4-4-1-1 oder 4-2-3-1 gelangen der damals von Thomas Oral trainierten Mannschaft nur einzelne schnelle Angriffe mit flachen, direkten Weiterleitungen der etwas vorgeschobenen Außenverteidiger (Sechser Kom kippte zentral im Aufbau ab) auf die Flügelspieler um die gegnerische Formation herum.
Nach dem Torwartwechsel verschwand zunächst die Einbindung des Schlussmanns in den Aufbau, und auch der Aufbau insgesamt wurde mit mehr langen Bällen auf die Flügel direkter. In dieser Phase stimmte immerhin meistens das Nachsetzen auf die zweiten Bälle. Die Offensivgefahr konnte aber auch erst gesteigert werden, als der viel nach außen ausweichende Diamantakos in den Sturm zurückkehrte und der gute Tempodribbler Stoppelkamp mit ihm und Sechser Yamada wieder mehr Partner für schnelle Kombinationen vorfand. Nach recht großen Problemen in der Organisation im Pressing in der ersten Hinrundenphase hatte sich die Oral-Elf auch in diesem Aspekt gefangen und trat gegen den Ball nicht so schlecht auf, wie man es unmittelbar vor einem Trainerentlassung erwarten würde. Vor allem die Intensität im Mittelfeld innerhalb des zurückhaltend ausgerichteten 4-4-2-Mittelfeldpressings war zufriedenstellend, das Mittelfeldband zog sich bei Anspielen ins Zentrum sehr gut zusammen und stand im kompakten Verbund mit der Abwehr. Während im Aufbau mit tieferen Außenverteidigern und sehr vorsichtigen Sechsern aber noch mehr auf Absicherung gesetzt wurde, reichten die Flügelkonter nicht mehr für Torgefahr aus, sodass es zur Trennung von Oral kam.
Sein Interimsnachfolger Kwasniok sorgte dann mit einem 5-2-3-Pressing dafür, dass einer der großen aktuellen taktischen Trends auch in der zweiten Liga seine Spuren hinterlassen hat. Die an der Mittellinie postierten Angreifer liefen die gegnerischen Aufbauspieler nur selten an, versperrten aber die Passwege durch die Halbräume sehr gut und eröffneten nach dem Leiten auf die Außenbahnen zusammen mit dem Flügelverteidiger und dem ballnahen Sechser viele Möglichkeiten, den Gegner an der Seitenlinie zuzuschieben und den Rückpassweg zu versperren. Die beiden Sechser wurden vom nach hinten abtauchenden Diamantakos entlastet, sodass der KSC in alle Richtungen für Kompaktheit und Stabilität sorgen konnte. Mit flexiblen Möglichkeiten für kurze Mannorientierungen und der Absicherung einer pendelnden Viererkette dahinter stand Karlsruhe unter Kwasniok sehr geordnet und konnte sich zwei Unentschieden zum Abschluss der Hinrunde erarbeiten. Die Zeit, das zunächst weiterhin sehr flügelkonterlastige, aber schon gegen Braunschweig in Ansätzen weiterentwickelte Offensivspiel zu verfeinern, wird Kwasniok allerdings nicht bekommen. Der neue KSC-Trainer Mirko Slomka wird mit Stoppelkamp, Hoffer und Diamantakos immerhin gute Konterspieler vorfinden, die vom spielstarken und umtriebigen Yamada (dann vermutlich als Zehner) oder dem guten Allrounder Prömel passend in Szene gesetzt werden können.
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Anders als in Karlsruhe schenkt Greuther Fürth dem als Übergangslösung angedachten Trainer auch in der Rückrunde das Vertrauen. Nach der Trennung von Stefan Ruthenbeck wird Janos Radoki die schon begonnene Modifikation der Fürther Spielanlage weiter vorantreiben: Im Gegensatz zum Spiel unter Ruthenbeck könnten die Bayern im Aufbau zukünftig mit etwas mehr langen Bällen auftreten und vielleicht auch auf (eine) andere Formation(en) zurückgreifen. Im letzten Saisonspiel trat Fürth in einem 5-2-3 an, das mit der hängenden, zurückfallenden Interpretation der Stürmerposition durch Zulj auch Elemente eines 5-2-1-2 aufwies. Im Aufbau rückten die Flügelverteidiger sehr weit auf. Aus dem 3-1-4-2 mussten aber trotz des herauskippenden Sechsers Kirsch und der Überzahl gegen das Berliner Pressing oft lange Bälle in die Spitze auf Spieler geschlagen werden, die nicht besonders geeignet für das Halten und Nachsetzen waren. Auch im Pressing, das anders als in der Karlsruher Interpretation sehr hoch und mannorientiert ausgelegt wurde, waren mitunter große Abstimmungsprobleme im Zentrum durch eine zunächst unklare Rolle von Zulj sichtbar, der sich dann später erst am gegnerischen Sechser orientierte und anschließend auf den zentralen Union-Aufbauspieler herausrückte.
Möglicherweise wird Radoki aber auch wie nach seinem Debüt auf eine 4-2-3-1-Ordnung setzen, in der vor allem die weiträumigen Bewegungen der drei zentralen Mittelfeldspieler (Hofmann und Kirsch als Sechser und der oft zurückfallende Zehner Djokovic) für mehr Ballkontrolle hinten und Möglichkeiten für flaches Ablagenspiel zum Befreien aus dem gegnerischen Druck sorgten. Anders als in den ersten Saisonspielen unter Vorgänger Ruthenbeck fiel auch in dieser Formation ein weniger passives Pressing auf, das vorher noch im Widerspruch zum sonstigen Dominanzanspruch der Fürther gestanden hatte. In ihrem 4-1-4-1 war die Ruthenbeck-Elf als eine der wenigen Zweitligamannschaften um einen kontrollierten Übergang ins zweite Drittel und um einen konstruktiven Ansatz bemüht gewesen. Mit dem tief aufbauenden Sechser Hofmann bereitete Fürth aus der Dreierreihe das Offensivspiel relativ geduldig vor und zeigte auf der linken Seite einen guten Mechanismus zum Beschleunigen: Der Außenverteidiger rückte weit auf, der Flügelspieler ließ sich diagonal nach hinten fallen und einer der Achter rochierte unterstützend herüber. Damit und dank der asymmetrischen Achterrollen gab es zwar ordentliche Passwinkel nach vorne, Fürth war aber auch nicht besonders gut für Ballverluste abgesichert und hatte keinen guten Zugriff im Gegenpressing. Zudem bestand die Gefahr darin, sich vorne breit auf einer Linie aufzustellen und die Verbindungen durch das Zentrum mit vielen gestreckten 1-2-Staffelungen der Mittelfeldspieler zu verlieren.
Im Pressing liefen die Fürther dem ansonsten eher positiven Eindruck immer ein wenig hinterher. Das 4-1-4-1- oder 4-4-1-1-Pressing wurde meistens recht tief und abwartend dargeboten und formierte sich zu oft ohne herausrückende Elemente um die Mittellinie herum. Mit dieser Passivität hatte Fürth nicht so viel Spielkontrolle wie der offensive Anspruch vertragen hätte, und ließ sich viel zu leicht in die eigene Hälfte drängen. Als die Ergebnisse schlechter wurden drehte Ruthenbeck allerdings an genau dieser Stellschraube, und Fürth trat häufiger mit einem hohen Pressing im 4-3-3 auf (oder auch 4-3-3-0 mit einem nach hinten abtauchenden Stürmer Zulj, siehe oben). Diese hohen Pressingphasen wirkten zwar grundsätzlich ordentlich organisiert, mit kurzen Mannorientierungen der Achter auf die gegnerischen Sechser und einem dahinter sehr gut die Lücken füllenden Hofmann, verhalfen Fürth aber nicht mehr rechtzeitig zu ausreichender defensiver Stabilität, um die lahmende Offensive durchzuschleppen.
Vielleicht wegen der zunehmenden Verunsicherung in Folge der schwachen Ergebnisse waren die Zirkulationsphasen im Aufbau kürzer und der Mut, sich auch unter Druck noch spielerisch zu befreien geringer geworden. Das antreibende Herauskippen von Achter Kirsch wurde nicht mehr gut von den Flügelspielern beantwortet, sodass die Verbindungsprobleme in der Formation mit den hoch aufrückenden Außenverteidigern immer häufiger zu sehen waren. Trotz des unerfreulichen Endes sollte man die Bemühungen und Leistungen Ruthenbecks mit dem qualitativ eher durchschnittlichen Kader aber nicht geringschätzen. Vor allem das nicht unbedingt fehlerfreie, aber ansehnliche Spiel zwischen Fürth und Dresden verdeutlichte mit seinem angenehmen Rhythmus, dass guter Fußball auch in der zweiten Liga zwischen zwei Mittelfeldmannschaften möglich ist. Ruthenbeck hat seinen Teil dazu beigetragen.
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Jeder Verein in der Liga nimmt seine eigene Rolle ein. 1860 München hat sich darin bewährt, für Unterhaltung außerhalb des Fußballplatzes zu sorgen. Die Errungenschaften während der relevanten 90 Minuten konnten mit der Aufmerksamkeit für die vereinspolitischen Verwerfungen aber erneut nicht schritthalten: Mit Kosta Runjaic als neuem Trainer ging 1860 zunächst mit einer eher auf Stabilität und vielen Offensivbewegungen ausgerichteten Spielanlage in die Saison. Aus unterschiedlich besetzten 4-1-4-1-Formationen mit dem spielgestaltenden Liendl vor der Abwehr und teilweise Aigner auf einer der Achterpositionen spielten die Münchner zahlreiche lange Bälle nach vorne und auch bevorzugt nach außen. Dort erleichterten sehr aktive Bewegungen der vielen Offensivspieler (mindestens ein Achter war hoch positioniert) und einige Positionswechsel das Festmachen und Halten der langen Zuspiele, konnten aber in der Folge nicht so recht in geordnete Bahnen für das Durchspielen zum Tor geleitet werden, wenn die direkten Weiterleitungen nicht beim geplanten Empfänger landeten. Die langen Bälle oder schnell gespielten flachen Steilpässe auf die viel nach außen driftenden Olic, Matmour oder Claasen wurden zum Teil auch durch die schlechten Verbindungen im Zentrum erzwungen. Die breit und hoch stehenden Außenverteidiger und der große Abstand zwischen Liendl und den eher passiven Achtern ließen wenige Möglichkeiten für einen kontrollierteren Übergang ins Mittelfeld. Im Vorwärtsgang hatte dieses druckvolle und direkte Spiel in die Tiefe zwar gewisse stabilisierende Effekte, vermochte aber auch nicht wirklich zu Torgefahr zu führen.
Das Pressing zeigte sich dagegen nicht nur überwiegend sehr passiv und tief angelegt, sondern vor allem im Mittelfeld auch unkompakt und wegen enger Manndeckungen der Außenverteidiger und Flügelspieler reaktiv. Eine zwischenzeitliche Umstellung auf ein 4-4-2 konnte keine deutliche Besserung herbeiführen, auch wenn die Mannschaft gegen den Ball etwas höher herausrückte. Dafür wirkten die langen Bälle nach außen produktiver und die vielen Bewegungen der Angreifer jetzt etwas besser eingebunden, da das vorher manchmal fast hyperaktive Ausweichen von Solo-Stürmer Olic die Zentrumspräsenz im Angriff vermindert hatte. Wie aber auch im Pressing fehlte dem TSV das gewisse Etwas in der Organisation. Die Rückkehr zum 4-1-4-1 kurz vor der Runjaic-Entlassung mit einer wiederum anderen Besetzung als zu Beginn der Saison brachte auch nicht viel Belebung in das Ballbesitzspiel: Zwar wurde das Abkippen von Sechser Lacazette besser durchgeführt und die Achter agierten nicht mehr dauerhaft passiv, sodass hinten der Ball etwas länger gehalten wurde und einzelne ordentliche Ablagekombinationen nach flachen Steilpässen gelangen. Aber insgesamt erreichten weder die Durchschlagskraft nach vorne, noch die Aktivität im Pressing ein Niveau, das den hohen Ansprüchen der Sechziger gerecht wurde.
Mal wieder musste also Daniel Bierofka als Kurzzeittrainer einspringen. Der langjährige 1860-Stürmer setzte vor allem auf Aggressivität und Intensität, indem er der Mannschaft ein hohes 4-3-3-Pressing mit sehr aggressiv nach vorne verteidigenden Außenverteidigern und generell mannorientiertem Zugriff nach leitenden Bewegungen der Stürmer verordnete. Der zurückgekehrte Liendl trat in diesem sehr zupackenden Pressing mit einer interessanten Balancewirkung im Zentrum auf, füllte mit seiner zurückhaltenden Rolle die ballnahen Lücken der Vordermänner und stabilisierte die Struktur durch kurze Mannorientierungen.
Die langen Bälle als vorherrschendes Mittel im Spielaufbau blieben von Bierofka unangetastet, doch die Zielspieler waren nun vor allem die extrem weit aufgerückten Außenverteidiger. Mit direkten Weiterleitungen oder aggressivem Nachsetzen auf die zweiten Bälle sollte es unvermindert direkt in die Tiefe gehen. An diesem grundsätzlichen Ansatz änderte sich natürlich auch nichts, nachdem Bierofkas vorübergehende Arbeitserlaubnis ausgelaufen war. Gegen Heidenheim trat 1860 aber in einem Fünferkettensystem an, das im Pressing als relativ orthodoxes 5-4-1 mit Balleroberer Perdedaj als Sechser sowie Wittek und Stojkovic auf den Flügeln dargeboten wurde. Bevor in der Rückrunde der Weg in die Champions League weiterverfolgt wird, hat sich also auch 1860 immerhin noch einmal formativ einem taktischen Trend hingegeben.
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Dass Formationsbezeichnungen an sich nicht allzu viel Aussagekraft haben, zeigt aber wohl keine andere Mannschaft der Liga so nachhaltig wie der VfL Bochum: Das 4-2-3-1, wie es auf dem Papier immer dargestellt wird und von der durchschnittlichen Rollenverteilung der aufgestellten Spieler wohl auch ungefähr hinkommt, gibt es eigentlich in keiner Spielphase zu sehen. Mit ein paar klaren Grundregeln und den daraus folgenden Umformungen hat Gertjan Verbeek auch in dieser Saison eine der taktisch interessanteren und am weitesten von der Norm abweichenden Mannschaften der zweiten Liga ins Feld geführt. Dass die Hinrunde trotzdem kaum jemanden in Bochum zufriedenstellen dürfte, liegt wie so häufig wohl an einer Mischung aus nicht kompensierten Abgängen wichtiger Einzelspieler, kleineren taktischen Problemen im Spiel nach vorne und ein paar unglücklichen Spielverläufen, was am Ende in einem stetigen Abwärtstrend kulminiert. Ganz so (unter-) durchschnittlich wie der VfL aktuell dasteht waren die Leistungen in der Hinrunde insgesamt aber nicht.
Einer der Eckpfeiler des Bochumer Spiels aus der letzten Saison ist auch in der abgelaufenen Hinrunde zu sehen gewesen: Im Ballbesitz entsteht durch die asymmetrischen Außenverteidigerrollen und durch die Aufbaustärke des Innenverteidigers Bastians ein Linksfokus, der zwar ordentlich strukturiert ist, aber durchaus schnell und zielstrebig ausgespielt werden soll. Im Aufbau bildet Bochum hinten immer eine Dreierreihe; meistens wird sie von den beiden Innenverteidigern und dem entweder zentral ab- oder nach rechts herauskippenden Sechser Losilla gebildet. Linksverteidiger Perthel rückt in der Regel weiter vor als sein Gegenüber und neben den eingerückten Flügelspieler auf, sodass die Formation nach links gekippt zu sein scheint. In manchen Situationen bleibt aber auch einer der Außenverteidiger tief in der Dreierreihe, beide Sechser im Zentrum und die nominellen Flügelspieler sortieren sich in die gewünschte 3-5-2- oder 3-4-3-Struktur ein, in der es meistens ein höher positioniertes Zielspieler-Pärchen und einen beweglicheren und zurückfallenden Halbstürmer gibt. Diese grundsätzlich beabsichtigte Staffelung wurde in der Hinrunde unterschiedlich ausgefüllt: mal mit einem sich sehr weit nach links heraus bewegenden Sechser Stiepermann und einem einkippenden Rechtsverteidiger Celozzi (meistens wenn Linksverteidiger Perthel tief in der Dreierreihe blieb), mal mit dem nominellen Linksaußen Kevin Stöger als zurückfallendem Zehner oder mit einem die Dreierreihe komplettierenden Rechtsverteidiger und dem rechten Flügelspieler dafür tief und breit im Mittelfeld aufgestellt.
Diese Flexibilität in der Raumbesetzung und die durch die gute Halbraumpräsenz gewährleisteten Passwinkel nach vorne sorgten immer wieder für eine temporär tragfähige Ballbesitzstruktur. Bochum spielt dann auch zwar nicht ungeduldig nach vorne, forciert aber durchaus ein schnelles Vertikalspiel mit vielen aggressiven Steil-Klatsch-Kombinationen auf die nach außen driftenden Zielspieler (meistens die Stürmer Mlapa oder Quaschner und der nominelle Zehner Wurtz). Flache Steilpässe, ein gut abgestimmtes Ablagenspiel und viele schnelle Weiterleitungen sind die bevorzugten Mittel, mit denen die gewünschte Dominanz erreicht werden soll. Dazu passt dann auch die konstante Einbindung von Torwart Riemann in das Freispielen und Aufbauen, der sich auch oft weit von seinem Tor entfernt mutig freiläuft und flache Verlagerungen spielen soll.
Mit Verletzungssorgen (Losilla, Celozzi, Stöger, Bastians und sämtliche andere Innenverteidiger) und den neuen, noch nicht vollständig mit diesen komplizierteren Abläufen vertrauten Ersatzspielern verlor der VfL allerdings zunehmend den spielerischen Faden. Manchmal auch mangelnde Präzision bei den vorbereitenden Aufbaupässen trug ihr Übriges zu diesem Abschwung bei. Die Verbindungen nach vorne nahmen ab, die Positionierungen in der Aufbaudreierreihe passten nicht mehr zuverlässig, die Asymmetrie der Außenverteidiger lief ins Leere und die Abstände zwischen den einzelnen Spielern gerieten zu groß. Die Aufteilung der Spieler in die Zonen war nach wie vor überwiegend in Ordnung, die Staffelungen gerieten aber einfach zu weiträumig. Bei den Bemühungen um geordneten Aufbau wurde die 3-4-3-Struktur auch noch im vorderen Bereich zu flach, sodass die Passwege überall zu lang wurden und der Gegenpressingzugriff in den großen Räumen noch schwerer fiel als vorher – grundsätzlich ist die Bochumer Spielweise nämlich ebenso vielversprechend wie riskant und gewissermaßen auch systematisch labil. Am Ende der Hinrunde nahm die Anzahl der langen Bälle auf die Stürmer, auch vorher nicht unbedingt selten zu sehen, dementsprechend zu und Bochum setzte mehr auf zweite Bälle und Umschaltangriffe. So blieben eigentlich nur noch schnelle Angriffe durch die überladene linke Seite, um aus dem Spiel heraus zu guten Abschlüssen zu kommen, wo dann aber weiterhin gut einstudierte flache Ablagen in den Rückraum als Vorlage zu sehen waren.
Auch das Bochumer Pressing hat mit den gewöhnlichen Staffelungen einer „4-2-3-1“-Mannschaft wenig zu tun: Die grundsätzliche Anordnung bei gegnerischem Ballbesitz stellt ein einigermaßen hohes 4-3-1-2 dar, das vor allem durch nahezu durchgängige Mannorientierungen und kleinere Anpassungen an die jeweiligen Gegner geprägt wird. Diese Formation bietet grundsätzlich sehr gut zur durchschnittlichen Zweitliga-Spielanlage passende Möglichkeiten und ist übrigens auch einer der Gründe, warum der 1.FC Kaiserslautern von seiner Mittelfeldraute vor allem defensiv profitierte (aber dazu später mehr). Die vielen Mannorientierungen im Bochumer Spiel deuten bereits an, dass das 4-3-1-2 das ideale Gegenstück zu einer gegnerischen Staffelung mit zwei aufbauenden Innenverteidigern, einem tiefen Sechser und ansonsten vielen hoch positionierten Spielern darstellt: Das 4-3-1-2 spiegelt den Gegner vorne, verstellt die relevanten Aufbauspieler und kombiniert diese Möglichkeit zu frühen Zugriff mit viel Personal im hinteren Mannschaftsteil, der für die meist folgenden langen Bälle unerlässlich ist.
Das gilt auch im Bochumer Fall, allerdings wiederum mit interessanten Abweichungen: Die Rolle als zweite Pressingspitze erfüllt nicht der „Zehner“, sondern wird von einem aufrückenden Flügelspieler eingenommen, der während des Aufrückens zudem noch den jeweiligen gegnerischen Außenverteidiger mit seinem Deckungsschatten aus dem Spiel nehmen kann. Auf welcher Seite der Flügelspieler im Pressing hervorprescht, ist deshalb eine einfache Möglichkeit zur Anpassung an den Gegner. Ein Bochumer Sechser, meistens Losilla, ist von den durchgängigen Zuordnung zu einem Gegner etwas stärker gelöst und fällt zur Unterstützung der Abwehrspieler, die dafür auch mal ihren Gegenspieler weit verfolgen, öfter in die letzte Reihe zurück. Die grundsätzlichen Risiken von engen Mannorientierungen sind in der zweiten Liga mangels spielstarker Gegner mit harmonischer Flexibilität ohnehin geringer. So verstellt Bochum mit ihrer Pressing-Umformung die Aufbaustationen des Gegners und zwingt ihn auf die Flügel oder zu langen Bällen. Auf beides ist die Verbeek-Elf vorbereitet. Im Gegensatz zum Bochumer Vortrag im Vorwärtsgang war die Pressing-Leistung auch stabiler und gewährleistete immerhin ein Mindestmaß an Kontrolle. Man sollte also nicht überrascht sein, wenn der VfL in der Rückrunde in der Tabelle noch ein Stück klettert.
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Wenig Luft nach unten könnte man dagegen bei Erzgebirge Aue vermuten. Doch die Gemengelage bei den „Veilchen“ ist trotz Platz 17 nicht so einseitig negativ, wie man es von abstiegsbedrohten Vereinen mit schmalem Geldbeutel kennt. Denn ausgerechnet der Aufsteiger aus Sachsen ist in der Offensive sehr spielstark besetzt und zeigt an manchen Tagen den konstruktivsten Fußball der Liga. Aber die Dotchev-Elf ist aus spielerischer Sicht auch der vielleicht wandlungsfähigste Zweitligist: Sie wechselt fast von einer Woche auf die andere zwischen einem kurzpassreichen Kombinationsfußball und einer passiven Stabilitäts-Ausrichtung mit weniger Ballbesitz und vielen langen Bällen. Natürlich gibt es auch Phasen innerhalb einzelner Spiele, in denen sich Elemente beider Ausrichtungen vermischen und die Aue etwas unfokussiert wirken lassen. Doch während ihr offensiver Mut zu einer für Tabellenschlusslichter ungewöhnlich großen Anzahl an Torchancen führt, fiel ihnen ihr engagiertes Pressing regelmäßig auf die Füße – die Verteidigungsqualitäten können mit den offensiven Variationsmöglichkeiten des Kaders nicht Schritt halten. Zusammen mit nicht gerade wenig Pech in manchem Spiel waren die Folge zwar viele Niederlagen und die meisten Gegentore aller Zweitligisten, die gezeigten Leistungen halten Trainer Dotchev aber trotz der tabellarischen Misere im Amt. Vor allem auf Grund des spielstarken Gesichts der wandlungsfähigen Auer ist das auch berechtigt.
Mit ihrer überwiegend eingesetzten Mischformation aus 4-2-3-1 und 4-1-4-1 um Sechserroutinier Tiffert und Nachwuchsstürmer Köpke lässt sich schon vor dem Anpfiff an Hand gewisser Personalien erahnen, welche Facette des Aue-Spiels Überhand nehmen wird. Insbesondere der Rechtsverteidiger Rizzuto, Achter Pepic und Zehner Kvesic müssen meistens mit einem Platz auf der Bank rechnen, wenn es um das direkte Aufbauspiel geht. Stattdessen laufen dann schnelle und eher lineare Flügelspieler wie Adler oder Kaufmann im Zielbereich der zahlreichen langen Bälle auf. Zur Vorbereitung und Absicherung hält Aue im Spielaufbau die Außenverteidiger relativ tief als Anspielstationen beim Durchspielen der Kette. Die Verbindungen nach vorne nehmen noch zusätzlich ab, da sich Tiffert früh einschaltet und überwiegend nach rechts herauskippt. Nach den von ihm oder den Abwehrspielern entlang der gegnerischen Pressingspitzen gespielten langen Bällen rücken die Außenverteidiger und Achter relativ intensiv auf den zweiten Ball nach, weil der schnelle Durchbruch forciert werden soll. In diesen Spielen tendiert die Formation zum 4-2-3-1, da einer der Achter passiver agiert, es klarere Zehnerrollen gibt und das Pressing öfter im tieferen 4-4-1-1 interpretiert wird, das dafür mitunter sehr kompakt im Mittelfeld ausfällt. Vor allem in den letzten Hinrundenspielen trat Aue mit einer solchen defensive Stabilität und Fehlervermeidung fokussierenden Ausrichtung auf und konnte sich mit zwei Spielen ohne Gegentor belohnen. Im vorherigen Saisonverlauf war das praktisch nie gelungen.
Der Preis dieser spielerischen Selbstbeschneidung wurde aber ebenso deutlich: Nach vorne fehlt es Aue für geradlinigen Fußball an Wucht und körperlicher Präsenz. Köpkes Schnelligkeit alleine lässt sich gegen einen geordnet stehenden Gegner deutlich schlechter ins Spiel bringen als in Umschaltangriffen, die Aue mit sehr wenigen und dafür längeren Pässen in die Spitze ausspielt. Außerdem orientieren sich die bisweilen auf den Flügeln auflaufenden Nazarov und Soukou auch beim flachen Aufrücken über die Flügel immer wieder ins Zentrum. Beim Positionstausch mit etwa dem rechten Achter Fandrich geht aber die Durchschlagskraft nach vorne verloren, während im Zentrum auf Grund der allgemeinen Ausrichtung die Unterstützung fehlt (siehe „unfokussiert“). In den letzten beiden Spielen stand deshalb nicht nur hinten, sondern auch vorne die Null. Mit solchen Schwierigkeiten hat „das andere Aue“ dagegen keine Probleme. Die offensiven Möglichkeiten durch das kollektivere Angriffsspiel und die verschiedenen Spielertypen zeigte etwa das Spiel gegen Braunschweig, das auch sinnbildlich für den Hinrundenverlauf stehen kann: Am Ende lautete das Torschussverhältnis 26:8 für Aue, das Ergebnis aber 2:0 für den Tabellenführer.
In der insgesamt vielleicht etwas seltener zu sehenden konstruktiven Kombinationsausrichtung überzeugt Aue vor allem mit sauber ausgeführten „Ballbesitzfußball“-Basics: Die tief angebundenen Außenverteidiger (mindestens einer, je nach Tifferts Positionierung) können sich im Aufbau auch gegen höher pressende Gegner spielerisch befreien, weil die Mittelfeldspieler sehr fleißig zurückfallen und die Aufbauzone gegen den störenden Gegner überladen. Die Achter und Flügelspieler bringen um den etwas statischeren, manchmal aber dann auch überraschend über die rechte Seite nach vorne ausbrechenden Tiffert passende Unterstützungsläufe an. Die dabei gezeigte Dreiecksbildung setzt Aue auch weiter vorne mit vielen kurzen Freilaufbewegungen zuverlässig fort. Mit sehr guten Ablagen kann Aue diese Passwege nutzen und früh störende Gegner ins Leere laufen lassen – zumindest phasenweise in manchen Spielen. Das Ausmaß und die Sauberkeit schwanken zwar von Spieler zu Spieler relativ stark, aber vor allem Nazarov und Soukou spielen von der Außenbahn aus sehr diagonal und beteiligen sich an kurzen, flüssigen Positionswechseln mit den im Verlauf des Angriffs weit aufrückenden Außenverteidigern. Der Mut und die Fähigkeiten zum Dribbling bei einigen Spielern ergänzen die guten Ballbesitzstrukturen um kreative Momente. Hauptsächlich kommt Aue so zu Angriffen durch die Halbräume, die insgesamt aber dann zu ungeduldig und zu flügellastig ausgespielt werden: Die Sachsen suchen zu häufig den Weg zur Grundlinie (einige sehr starke Vertikalpässe von Soukou, Kvesic oder Pepic sind dabei aber zu bewundern) und wollen mit manchmal zu flach gestaffelten Außenverteidigern zur Flanke greifen, was nicht wirklich zu den Qualitäten der Offensivspieler passt. Zwar wird durch dieses mangelhafte Ausspielen die Konteranfälligkeit erhöht, während der Vorbereitung der Angriffe entsteht im zweiten Drittel aber eben auch eine tragfähige Struktur für ein sehr intensives und gut ausgeführtes Gegenpressing.
Die Ausrichtung nach Ballverlusten und im regulären Pressing ist allerdings auch der Punkt, an dem Aue am stärksten an seine Grenzen stößt: Sowohl nach Ballverlusten, als auch gegen den Aufbau des Gegners zeichnet Aue das sehr aggressive Aufrücken der Außenverteidiger und eine generelle Ausrichtung zum Nach-vorne-Verteidigen aus. Die kollektiven Bewegungen nach vorne dünnen die Abwehrreihe dauerhaft aus und laden eine zu große Verantwortung in der Endverteidigung auf wenige Einzelspieler. Obwohl das Auer Pressing, in der Kurzpass-Ausrichtung mit deutlicherer 4-1-4-1-Ordnung, relativ flüssig mit einigen antizipierten Herausrückbewegungen auch harmonisch vorgetragen wird, sind die Gefahren für das eigene Tor groß. Das Zuschieben der verlassenen Räume, das die aggressiven Mannorientierungen der Außenverteidiger und manchmal auch der zentralen Mittelfeldspieler nötig machen, ist gegen schnelle Flügelangriffe anfällig. Die Kombination eines aktiven Pressings mit reaktiven Mitteln (Mannorientierungen) ist kritisch: Mit direkten Weiterleitungen oder Ablagen und anschließend langen Bällen auf die Flügel kann man Aue im Umschalten oder aus dem Aufbau heraus relativ leicht überspielen. Einzelne verpasste Bälle oder schlecht getimte Attacken zum Ball bedeuten dann meistens schon einen Durchbruch des Gegners hinter die Abwehr mit hohem Tempo. Das Aufsammeln solcher gegnerischen Schnellangriffe ist ziemlich anspruchsvoll und meistens für die Innenverteidiger kaum zu bewerkstelligen (obwohl Breitkreuz dabei gar keine so schlechte Figur macht).
Mit besserem Umwandeln der tollen Ansätze im zweiten Drittel in bessere Abschlusspositionen und einer besseren Chancenverwertung könnten solche Defizite öfter überdeckt werden. Im letzten Spiel gegen Düsseldorf deutete sich schon phasenweise eine bessere Balance zwischen Bolzen und Fummeln an, die Aue in der Rückrunde auf jeden Fall noch retten könnte. Die taktischen Grundlagen und geeigneten Spieler für guten und erfolgreichen Fußball wurden in der Hinrunde schon nachgewiesen.
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Die mit dem Ball spielen: Spielaufbau mit kurzen Pässen und unterschiedliche Formen von Dominanz
In der Reihe der Mannschaften mit viel Ballbesitz hätte man wohl nicht unbedingt damit gerechnet, neben (punktuell) Aue sogar auf noch einen weiteren Aufsteiger zu stoßen. Aber Dynamo Dresden wartet bisher mit einem eigenen Stil mit hohem Wiedererkennungswert auf und hat sich auch dank toller Einzelspieler in der oberen Tabellenhälfte festsetzen können. Mit dem 4-1-4-1 als nur selten vom 4-4-2 abgelöster Grundformation vermischt Dynamo eine technisch und taktisch anspruchsvolle tiefe Ballzirkulation mit schnellem und wuchtigem Angriffsspiel. Die strukturelle Zerrissenheit der Formation überträgt sich damit bei den Sachsen auf ihr Offensivspiel: Die Verbindungen in der Mannschaft sind stark von der Besetzung der Achterpositionen abhängig, da Sechser Hartmann als absichernder Mittelfeldspieler eher durch physische Präsenz als durch technische oder strategische Fähigkeiten in Erscheinung tritt. Weil Stammachter Lambertz zudem frühzeitig in die letzte Linie aufrückt, klafft im Dresdener Spiel meistens ein Loch im Achterraum, das oft mit langen Bällen auf Zielspieler Kutschke oder mit schnellem Aufrücken über die Flügel überspielt werden muss.
Dass Dynamo trotz dieses etwas beschränkten und selbsterzwungen hektischen Spiels nach vorne eine ausgesprochen hohe Offensivproduktivität gelingt und sich zuverlässig gute Torchancen erspielt, hat auch mit den Einzelspielern zu tun: Mit dem schnellen und geradlinigen Berko und den erstligatauglichen Gogia und Stefaniak – zwei technisch guten, schnellen und abschlussstarken Flügelspielern oder Halbstürmern, die zudem auch gehobenen Zweitligaansprüchen im Pass- und Bewegungsspiel genügen (Stefaniak als ein direkterer, individuell durchschlagskräftigerer und abschlussorientierter Typ) – stehen Akteure für die Wege in die Tiefe zur Verfügung, die von den körperlich robusten und dennoch nicht unbeweglichen Stürmern Kutschke und Testroet mit Ablagen und Weiterleitungen sehr passend gefüttert werden können. Der eher als hängende Spitze auftretende und inkonstante Lambertz trägt allein schon durch das Erhöhen der Offensivpräsenz und nicht zuletzt auch mit einem punktuell sehr guten Dynamikgespür und einzelnen guten Weiterleitungen in schnellen Szenen auch seinen Teil zu einem insgesamt sehr gefährlichen Angriff bei.
Mit diesen Waffen geht Dynamo andererseits aber auch etwas verschwenderisch um: Ist die Verbindung von hinten nach vorne erst einmal geschafft, sucht die Elf von Trainer Uwe Neuhaus zu bereitwillig den Weg über die Flügel und schlägt mit den sehr aggressiv aufrückenden Außenverteidigern zu viele Flanken, anstatt sich mit den eng versammelten Stürmern öfter zentral durchzuspielen, was aber natürlich auch an zu wenig Kontrolle im zweiten Drittel liegt. Die Flügellastigkeit des Angriffsspiels hatte ihren Ursprung ungefähr Mitte der Hinrunde außerdem im Umgehen des Achterlochs über die Flügelspieler: Mit den ankurbelnden, zurückfallenden Gogia (manchmal auch Überladungen herstellend auf der anderen Seite hinter dem höher stehenden anderen Flügelspieler) und Stefaniak, beispielsweise im Wechsel mit den hoch vorschiebenden Außenverteidigern oder einem ausweichenden Achter, konnten die Sachsen manchmal schnelle Vertikalpasskombinationen über die Flügel aufziehen und so ins letzte Drittel vorstoßen, ohne zum langen Ball greifen zu müssen. Mit den tieferen und das Angriffsspiel von weiter hinten beschleunigenden Flügelspielern war die Offensivpräsenz ohnehin gesunken, sodass lange Bälle weniger Ertrag brachten.
Die sehr guten Offensivspieler und das schnelle Angriffsspiel sind aber nicht die maßgeblichen Faktoren, die aus Dynamo Dresden einen interessanten und sehenswerten Zweitligisten machen. Stattdessen ist es die ausgeprägte Fähigkeit der Sachsen, das Spiel auch unter hohem Pressingdruck des Gegners flach aufzubauen und füreinander Räume zu öffnen. Gegen Mannschaften mit regulärem Angriffspressing oder Gegner, die nach abgefangenen Angriffen hoch nachsetzen baut Dynamo eine tiefe Torwartkette mit dem technisch guten und sehr mutigen Torwarttalent Schwäbe und den Innenverteidigern knapp vor der Torauslinie auf. Die Außenverteidiger stehen in Reichweite höher an den Außenlinien und ziehen den Gegner in die Breite. Im Mittelfeld gibt es dann schwankende Unterstützung, aber in guten Momenten wich der technisch schwächere und nicht besonders pressingresistente Hartmann zur Seite aus und überließ das Besetzen der zentralen Anspielstation dem tieferen Achter, was in der Regel Aosman oder Hauptmann übernehmen. Mit den Mittelfeldspielern in den Pressing-Schnittstellen baut Dynamo eine Struktur mit Dreiecken und Breite auf, die den Gegner zum Nachschieben zwingt, sofern er weiterhin Zugriff kriegen möchte. Das wiederum gibt beispielsweise Lambertz oder einem der Flügelspieler Zeit und Platz, sich in die Freiräume fallen zu lassen und die Verbindung nach vorne herzustellen.
Ähnliche Muster und Abstände gibt es im Aufbau auch in höheren Stellungen zu sehen, dann oft auch mit einem zentral abkippenden oder nach vorne stoßenden Hartmann. Aber auch dort fehlt es vor allem Innenverteidiger Ballas oder Rechtsverteidiger Kreutzer an Aufbaustärke, um die erwähnten Lücken in die Offensivräume zu schließen. Sowohl nach dem eventuell gelungenen tiefen Freispielen, als auch im freieren Aufbau folgten deswegen nicht selten etwas frustrierende, kopflos gespielte lange Bälle aus der Abwehr auf die Stürmer oder die aufrückenden Außenverteidiger. Erst ab Mitte der Hinrunde wurden die Übergänge ins zweite Drittel besser, als sich der enorm talentierte Hauptmann als tieferer Achter gegen den zwar technisch starken, aber etwas unbewussten und strategisch nicht ausreichend veranlagten Aosman durchgesetzt hatte und die Formation insgesamt etwas mehr zum 4-2-3-1 tendierte. Nach Hauptmanns Verletzung waren es dann vor allem Gogias ballfordernde Bewegungen in den Halbraum und steile Flachpässe von Innenverteidiger Müller, die eine gute Alternative zu den langen Bällen darstellten.
Die vertikalen Freiräume im Mittelfeld prägen allerdings nicht nur im Ballbesitz das Dynamo-Spiel. Auch im Pressing und natürlich nach Ballverlusten ließ sich in der Hinrunde die Abstimmung im Mittelfeld als kritischer Punkt identifizieren. Im Pressing fand die SGD vor allem Anfang der Saison keine passende Abstimmung über die Pressinghöhe, rückte vorne ungeordnet heraus und spielte mit schlecht koordinierten Mannorientierungen im Mittelfeld. Im Verlauf der Hinrunde besserte sich die Ordnung, ohne aber am Ende höheren Ansprüchen gerecht zu werden. Die Formation wandelte sich dabei auch leicht, von einem anfangs klareren hohen 4-4-2/4-2-4 hin zu einem etwas tieferen 4-1-3-2. Lambertz agiert auch gegen den Ball höher als sein Partner auf der Acht (mit ihm auf der Bank zeigte sich übrigens ein klareres 4-1-4-1 und ein höheres 4-3-3). Der ehemalige Düsseldorfer rückt neben den Stürmer auf, nimmt mit manchmal unklarem Ziel einen gegnerischen Sechser aus dem Spiel oder läuft einen tief aufbauenden gegnerischen Sechser bzw. Innenverteidiger an. Die Flügelspieler orientieren sich an den gegnerischen Außenverteidigern, allerdings ohne sie weit nach hinten zu verfolgen. Mit der kollektiv reduzierten Pressinghöhe hielt sich Dynamo zwar kompakter, war aber weiterhin nicht vor Lücken im Sechserraum gefeit. Die Innenverteidiger mussten einige Male die Räume auffüllen, die Hartmann und vor allem Aosman öffneten, wenn sie sich neben die Stürmer herausziehen ließen. Die sehr schwankende Intensität zum Ball in eigentlich allen Mannschaftsteilen beförderte diese latente Unterlegenheit im Zentrum, die sich auch nach Ballverlusten in den vorne etwas flachen Staffelungen mit vielen Stürmern und breiten Außenverteidigern zeigte.
Es ist deshalb auch eine Frage der Tagesform, wie gut das Dresdner Spiel insgesamt aussieht. Vor allem mit einem gut aufgelegten Hauptmann als Achter konnte Dynamo das mutige, konstruktive Auflösen gegnerischen Drucks auch nach vorne fortführen und die großen Qualitäten der Offensivspieler noch besser in Szene setzen als nach Abprallern oder Kopfballweiterleitungen. Durch die Mischung aus individuellem Ankurbeln und großen Lücken im Mittelfeld und wegen des grundsätzlich eher wackligen Pressings wirkt das Spiel der Neuhaus-Elf aber immer auch ein wenig ungeordnet und improvisiert. Die wahrscheinlich beste Mannschaft der Liga, was das Auflösen von Drucksituationen in der eigenen Hälfte angeht, ist dennoch „ausgerechnet“ ein Aufsteiger.
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Auf der Suche nach einer Mannschaft mit grundsätzlich ähnlichem Profil wie Dresden landet man, „ausgerechnet“, am ehesten bei einem der Absteiger. Den VfB Stuttgart kennzeichnete vor allem in der Endphase der Hinrunde ebenfalls eine zweigeteilte Grundordnung, die auch durch die Interpretation der Achterrollen im 4-1-4-1 hervorgerufen wird. Mit tief angebundenen Außenverteidigern, einem tiefen Sechser sowie einem hohen und stürmerhaften (Gentner) und einem passiv unterstützenden (Zimmermann oder Özcan) Achter kommt der VfB hinten zu Ballbesitz und vorne nur zu sporadischen Angriffsaktionen aus dem Aufbau. Das Tempo der Flügelspieler Mané und Asano beim Aufrücken über die Flügel oder lange Bälle Richtung Terodde und schnelle Durchbrüche mit dem meistens ziemlich vertikal spielenden und torgefährlichen Gentner sind noch die vielversprechendsten Wege um die Verbindungsprobleme zu umgehen. Die richtige Torgefahr muss nach der schrittweise erfolgten Annäherung an diese direktere Spielweise durch Flügelkonter erzeugt werden. Ein eher passives, latent mannorientiertes 4-1-4-1-Mittelfeldpressing, das allerdings auch wegen der Bewegungen der Achter und Teroddes Passivität zu lückenhaft geraten kann, rundet die Ausrichtung auf Stabilität und simple Abläufe ab.
Somit sind die Schwaben am Ende der Hinrunde spielerisch ungefähr da angekommen, wo man sie zu Beginn der Spielzeit mit einiger Sicherheit vorhersagen konnte – obwohl der VfB mit dem ersten Trainerwechsel der Saison schon nach vier Spielen seinen vorgezeichneten Weg sehr früh zu verlassen schien. Der erste Stuttgart-Trainer der Saison, Jos Luhukay, ließ seine Mannschaft bis zu seinem Rücktritt in einer Mischung aus 4-2-3-1 und 4-1-4-1 auflaufen, die zwar mit konventionelleren und defensiveren Spielertypen gebildet wurde, aber vergleichbare Muster produzierte wie die Elf seines Nachfolgers Hannes Wolf in den letzten Hinrundenspielen. Der nominelle zweite Sechser Gentner rückte meistens frühzeitig in den Angriff vor und überließ seinem Nebenmann die Spielaufbau- und Verbindungsverantwortung. Dies fiel aber nicht besonders ins Gewicht, da der VfB ohnehin den Sechserraum mied, mit tiefen Flügelspielern und einem ausweichenden Zehner oft den Weg über die Flügel suchte und im Angriff schon an das Verteidigen dachte. Das Stuttgarter Pressing des Saisonbeginns unterschied sich mit der Höhe in der Nähe der Mittellinie, einer durchschnittlichen Kompaktheit und ein paar Mannorientierungen nur in der Formation vom VfB des Hinrundenendes, da die Luhukay-Elf meistens im 4-4-2 auftrat. Stabilität und solides Handwerk standen auch hier klar im Vordergrund.
Dass es am Ende überhaupt noch einmal zu dieser nicht wirklich vielversprechenden, aber wegen des individuell überlegenen Kaders auch nicht unlogischen Ausrichtung zurückgehen würde, schien zwischenzeitlich ausgeschlossen. Nachdem unter Interimstrainer Olaf Janßen mit einer guten Anpassung an den Gegner und einer soliden Offensivleistung zwei Siege gelungen waren, deuteten die ersten Leistungen unter Hannes Wolf einen größeren Wandel in der Spielweise an. Der VfB trat insgesamt aktiver auf, ging mit anderen Spielern in der Innenverteidigung und auf den Flügeln viel stärker ins Risiko und baute das Spiel mit einer enormen Zunahme flacher und mutiger Vertikalpässe durch das Zentrum auf. Die Grundordnung ging deutlicher in Richtung eines 4-1-4-1 mit Hosogai als umsichtigem und kreativem Sechser und Gentner in einer bewusst höheren Rolle, die durch die aufbaustärkeren Innenverteidiger kompensiert werden konnte.
Aber eine etwas unglücklich zustande gekommene und zu hoch ausgefallene Niederlage gegen Dresden setzte das Signal zum angesprochenen Umschwung hin zu mehr Stabilität und reduzierten Anforderungen im Ballbesitzspiel. Für taktische Highlights sorgten danach Anpassungen des Pressings an die Eigenheiten des Gegners. In der Hinsicht wusste vor allem das clevere 5-2-1-2 gegen Union Berlin zu überzeugen, mit dem der Berliner Raumaufteilung im Aufbau und ihrer Neigung zu gefährlichen offensiven Ballungen sehr effektiv begegnet wurde. Nicht ansatzweise so griffig umgesetzt, aber auch mit den richtigen Überlegungen wartete das 5-2-3 gegen Hannover 96 auf. Man darf davon ausgehen, dass der VfB unter Hannes Wolf nach der Winterpause mit dem Ball wieder aktiver auftritt, während die Pressingleistungen andeuteten, dass der VfB unter seinem jungen Trainer mehr Flexibilität zeigen wird, als man es zu Saisonbeginn vermutet hätte.
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Mit Union Berlin gibt es eine weitere Mannschaft in der Liga, die sich ohne ausgeprägten Ballbesitzfokus in die Gruppe der Mannschaften mit den meisten Pässen einreiht. Die Qualität ihres Kaders, die unter allen letztjährigen Zweitligisten wohl am deutlichsten hervorsticht, wird den Eisernen „zum Verhängnis“: Während Union mit den Trainern Sascha Lewandowski und André Hofschneider in der letzten Saison zumindest phasenweise Dominanz über Ballbesitzstrukturen ausstrahlte, fußt die Ausrichtung unter Jens Keller wieder mehr auf Umschaltangriffen und rückt Gegenpressing in der gegnerischen Hälfte in den schöpferischen Fokus. Dafür griff der ehemalige Schalke-Trainer in der Hinrunde vornehmlich auf zwei Grundordnungen zurück. Sowohl mit der 4-3-3-Stammformation, als auch mit dem 4-3-1-2 wurden bestimmte Merkmale im Aufbau und in der offensiven Raumbesetzung reproduziert.
Lesenswerte Analysen zu den Spielen des FC Union werden bei eiserneketten verfasst.
Im Spielaufbau sind ein tief unterstützender Sechser und die weit aufrückenden Außenverteidiger die wohl auffälligsten Merkmale. Vor allem Fürstner kippte beständig zwischen oder neben die beiden Innenverteidiger ab und verteilte die Bälle aus der Aufbaudreierreihe auf die Offensivspieler oder direkt auf die Außenverteidiger. Die eigentlich immer eingesetzte Doppelacht, gebildet vom offensiveren und in die Spitze stoßenden Kreilach und dem etwas zurückhaltenderen und seitlich aufbauenden Kroos, konnte nicht konstant für flache Passwege nach vorne sorgen. Mit den zu großen vertikalen Abständen im Zentrum und den manchmal auch noch zu geringen horizontalen Distanzen zwischen den Achtern zerbrach die Union-Staffelung effektiv in zwei Teile, weil Anspiele auf Kroos und Kreilach in diesen großen Räumen schwer zu kontrollieren waren. Die Aufbauqualitäten von Fürstner, den vor allem eine sehr gute Übersicht und ein gutes Raumgefühl auszeichnen, das Passspiel von Innenverteidiger Schönheim oder mutige Dribblings von seinem Nebenmann Leistner vermochten die Verbindungsprobleme nicht zuverlässig zu kompensieren, obwohl einzelne riskante Flachpässe ins Zentrum eingestreut werden konnten.
Lange Bälle auf den robusten Zielspieler Quaner oder auf den Flügeln durchrutschende Pässe sorgten wegen der vielen Offensivspieler und ihrem Tempo in die Tiefe oft für Gefahr. Die besten Ansätze zeigte Union allerdings nach Ablagen oder Abprallern: Die einrückenden Flügelstürmer des 4-3-3 initiierten im zahlreich besetzten offensiven Zentrum mit dem höheren Achter/Zehner und dem Stürmer sehr flüssig vorgetragene Positionswechsel auf engem Raum und stifteten Unruhe in der gegnerischen Abwehr (Skrzybski dabei meistens engagierter, Linksaußen Hedlund oder Redondo eher linear unterwegs). Auch bei Kontern zeigte sich der FCU in der Offensive recht gut abgestimmt und konnte schnelle Gegenangriffe mit guten Ablagen in Abschlüsse umwandeln. Mit der Spielmacherbürde auf den Schultern bestand die Schwierigkeit für Union in der ersten Saisonphase aber meistens darin, die Verbindung nach vorne in die große Offensivpräsenz zu gewährleisten, um dann mit den ordentlichen Ballbesitzansätzen nach dem behaupteten oder zurückeroberten Ball hinter die Abwehr zu kommen. Mit den durchschlagskräftigen Quaner und Kreilach, den schnellen Flügelspielern und sehr offensiv ausgerichteten Außenverteidigern konnte Union solche Angriffspositionen etwas geordneter ausspielen, verließ sich dabei aber auch zu oft auf Flanken. Auf der Kehrseite der matt glänzenden Medaille stand außerdem die schwierige Absicherung der Außenverteidiger und des wackligen Gegenpressingzugriffs außerhalb des offensiven Zentrums. In den Spielen mit der Mittelfeldraute um den sozusagen dauerhaft eingerückten Rechtsaußen Skrzybski auf der Zehn wurde der Zugriff auf den Flügeln naturgemäß nochmal erschwert.
Neben dem mal mehr, mal weniger präsenten Zehnerraumfokus im Berliner Offensivspiel ist es auch die Neigung zum hohen und aggressiven Pressing, das Union vom Zweitligadurchschnitt abhebt. In der ersten Saisonphase hatten die Köpenicker allerdings noch mit Abstimmungsproblemen zu kämpfen: Das eingeforderte Angriffspressing, ohnehin in der zweiten Liga mit seinen bolzfreudigen Gegnern nur ein stabilisierender, aber eher kein kreativer Faktor, geriet zu unkompakt und büßte damit an Zugriff ein. Die Offensivspieler rückten sehr aggressiv auf direkte Gegenspieler auf und verloren den Kontakt zur Hintermannschaft. Nach abgewehrten langen Bällen konnten die Gegner die großen Freiräume im Mittelfeld ohne größere Probleme erschließen. Das besserte sich im Hinrundenverlauf, da die Ausrichtung zunehmend zum situativ aufrückenden Mittelfeldpressing umgestellt wurde. Dabei hielten sich Kroos und die Flügelspieler zurück, sodass mit dem höheren Kreilach eine 4-4-1-1-Staffelung entstand, die im Aufrücken zum 4-1-3-2 mit aktiven Außenverteidigern wurde. Trotz relativ klarer Mannorientierungen der Achter und Flügelspieler zeigte sich das Union-Pressing nach dem etwas holprigen Start durchweg aggressiv und trotz inkonstanter Kompaktheit und Intensität auch griffiger als bei einigen Konkurrenten. Vor allem zum Abschluss der Hinrunde wirkten die leitenden und zuschiebenden Bewegungen der Offensivspieler um Pressingspitze Quaner deutlich verlässlicher als in den ersten Spielen. Mit dieser neuen Stabilität im Pressing und einer Steigerung im Angriff (und vielleicht mehr Spielzeit für Hosiner oder Zejnullahu) müsste Union in der Lage sein, sich im Rennen um die Aufstiegsplätze zurückzumelden.
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Eine am Anfang erwartungsgemäß schwierige und am Ende ärgerliche Hinrunde spielte der 1. FC Kaiserslautern. Dass die Halbserie nach dem Umbruch im Sommer und dem schlechten Start überhaupt noch ärgerlich werden konnte, und nicht schon traurig enden musste, hatte mit einer deutlichen Stabilisierung der Mannschaft zu tun. In der Sommervorbereitung hatte sich der neue Trainer Tayfun Korkut ohne Zwischenschritte daran gemacht, seinem erst spät auf den Schlüsselpositionen verstärkten Kader die von ihm bekannte Spielweise mit möglichst großen Schnittmengen zwischen Aktivität und Stabilität einzutrichtern. Direkt in den ersten Spielen zeigte sich, dass die spielerische Neuausrichtung insgesamt zwar angekommen war, aber natürlich noch die Konstanz fehlte. Mit einem sehr intensiven, gruppentaktisch ordentlich orchestrierten Angriffspressing und zumindest der verarbeiteten Erkenntnis, den Ball im Aufbau nicht direkt lang nach vorne holzen zu sollen, spielte der FCK schon zu Beginn deutlich anders als in der Vorsaison. Wirklich stabil nach hinten und gefährlich nach vorne zeigten sich die Pfälzer aber trotzdem nicht. In dieser Phase war Kaiserslautern eine Mannschaft mit aktivem Plan, überall einigermaßen funktionierenden Abläufen und dennoch fast ohne Stärken.
Teilweise waren die Mängel in der konstanten Umsetzung des Plans aber auch individuellen Anpassungsschwierigkeiten geschuldet: Das Aufrücken ins 4-1-3-2-Angriffspressing aus dem hohen 4-4-2 überforderte vor allem den in England ausgebildeten und aus der dritten Liga verpflichteten Osawe. Wie diese Vita schon vermuten lässt, mangelt es dem schnellen Konterstürmer bis heute an der nötigen Intensität und dem Bewusstsein für die richtige Positionierung im Pressing. Kein FCK-Spieler wurde in den Vorbereitungsspielen und auch bis weit in die Hinrunde hinein so ausgiebig explizit gecoacht wie der Engländer in den Spielphasen ohne Ball. Trotzdem musste Korkut immer wieder mit ansehen, wie Osawe sich nicht rechtzeitig in die Formation zurückzog, nach Ballverlusten das Gegenpressing ausließ oder das Signal zum Aufrücken verpennte. Dadurch ließ er den im Pressing vorschiebenden Zehner Halfar alleine. Obwohl sich der Kapitän beim Durchpressen auf den gegnerischen Aufbau immer enorm engagiert und trotz kleinerer Timingprobleme auch intelligent im Leiten nach außen zeigte, ging dem FCK in manchen Situationen der Zugriff vorne verloren.
Die ansonsten gute Intensität und ordentliche Kompaktheit im Pressing kam dann nicht zum Tragen. Wenn der Gegner nicht auf die Flügel gelenkt und da von den aggressiv nach vorne attackierenden Außenverteidigern und dem kompakt zum Ball schiebenden Mittelfeld nicht zugedrückt werden konnte, wurde die Anfälligkeit der Hintermannschaft offengelegt: Die sehr instabile Innenverteidigung Vucur-Heubach, der kopfballschwache absichernde Sechser Ring sowie vor allem die kleinen und nicht robusten Außenverteidiger Mwene und Aliji hatten gegen lange Bälle und druckvoll aufrückende Gegner einige Probleme. Aber mit einer ersten schnellen Anpassung wurde darauf reagiert, indem Moritz als zweiter Sechser im Pressing kaum noch auf einen tieferen Mittelfeldspieler aufrückte, sondern den Kontakt zum Nebenmann enger hielt. Die Höhe des Mittelfelds wurde analog dazu ebenfalls etwas reduziert und der Übergang ins hohe Angriffspressing auf etwas weniger Szenen reduziert. Bei langen und zweiten Bällen im Zentrum konnten sich die Roten Teufel etwas stabilisieren, blieben aber bei wuchtigen, direkten Flügelangriffen verwundbar.
Mit dem Ball zeigte der FCK ebenfalls von Anfang an Ansätze der vielzitierten „Handschrift des Trainers“ und ausbaufähige Grundlagen im 4-2-3-1. Mit tief eingebundenen Außenverteidigern, dem Durchspielen der Viererkette und einem prinzipiell oft zurückfallenden Zehner sollte der Gegner zu den Seiten bewegt und in einem unkompakten Moment überspielt werden. Zwar zeigten die Pfälzer anfangs auch einzelne schnelle Angriffe durch die erzeugten Halbräumlücken und erspielten sich über die linearen Gaus und Osawe auf der linken Seite Abschlüsse, das Auslösen solcher beschleunigenden Aktionen erfolgte aber noch etwas zufällig. Dabei litt das Spiel auch unter mangelnden Aufbaufähigkeiten der Innenverteidiger, wenn etwa Heubach auch ohne Druck des Gegners und trotz eines offenen Passwegs nach vorne fast nie ins überschaubare Risiko ging, sondern zu oft den Querpass wählte. Außerdem positionierten sich die Außenverteidiger oft zu flach zu den Innenverteidigern und bereiteten ihren Mitspielern damit Probleme statt Entlastung zu bieten: Das Anspiel auf den Außenverteidiger dient vielen Mannschaften als Signal zum Aufrücken im Pressing, im Fall des FCK mit seinen flachen Passwinkeln zurück nach innen war die Entfernung auf die Innenverteidiger aber auch nicht mehr groß, sodass die Gegner direkt nach ganz vorne durchpressen konnten.
Die beiden Sechser mussten deshalb manchmal sogar gleichzeitig tiefer eingreifen und den Spielaufbau ankurbeln, was die Verbindungen nach vorne aber verschlechterte und das Spiel eher entschleunigte. Auch deshalb wurden aus dem Aufbau heraus planvoll lange Bälle auf den nach links ausweichenden Osawe eingestreut, um das Tempo des Stürmers regelmäßig einzubringen und sich nicht aussichtslos in der Abwehr festzuspielen. Mit diesem etwas vertikaleren Aufbauspiel kam Kaiserslautern dann verlässlicher zu Offensivpräsenz, musste aber auch das Zurückfallen von Zehner Halfar reduzieren, um einen weiteren Spieler zum Nachsetzen in höheren Zonen zu haben. So fand die Korkut-Elf nur sporadisch den gewünschten Passrhythmus und kam über gute, aber instabil abgerufene Ansätze flacher Übergänge in die Tiefe nicht hinaus. Das kurze Anbieten Osawes im linken Halbraum und sein engagiertes, aber nicht immer glückliches Ausweichen wurden andererseits auch nicht gut kompensiert und der FCK verlor an Sturmpräsenz. Mehr Ruhe und Kombinationsbereitschaft auch im letzten Drittel wären dann nötig gewesen, konnten aber noch nicht geleistet werden. Stattdessen folgten oft Umstellungen auf ein 4-4-2 in Schlussphasen, das das Auslösen flacher Angriffe erschwerte, das Ausspielen aber erleichterte. Auch das vorher schon eher schwankende Gegenpressing wurde mit den Umstellungen auf das synergielose, passwinkelbefreite 4-4-2 natürlich nicht verbessert.
Erst mit der Umstellung auf ein 4-3-1-2 und auch wesentlich befördert durch die steigende Fitness der wichtigen Neuzugänge stabilisierten sich Leistung und Ergebnisse. Die Mittelfeldraute wurde aber erst zeitverzögert zu einem wichtigen Faktor bei der Verbesserung der Defensive: Wie schon im Abschnitt zum VfL Bochum erwähnt spiegelt das 4-3-1-2 die von fast allen Zweitligisten verwendete Raumaufteilung im Spielaufbau. Mit klaren Zuordnungen vorne und vielen Spielern vor der Abwehr lässt sich höheres Stören mit Stabilität bei langen Bällen vereinbaren. Im ersten Spiel gegen Stuttgart rückte der FCK aber zu aggressiv in der vorderen Reihe ins Angriffspressing vor, was mit der Raute gefährlich ist: Die Abstände zwischen den drei vorderen Spielern werden zu groß, die Halbspieler müssen mehr Raum in zu viele Richtungen abdecken und können dann relativ leicht ausgespielt werden. Die Kompaktheit im Mittelfeld trotz der Raute zu wahren gelang erst in den folgenden Spielen besser, indem die Höhe der gesamten Mannschaft leicht zurückgeschraubt wurde und vor allem das Anlaufen der gegnerischen Aufbauspieler individueller ausgeführt wurde, mit ballfern besser balancierenden Positionierungen. Die Halbspieler konnten jetzt mit größerer Sicherheit die gegnerischen Außenverteidiger anlaufen, der FCK stand in alle Richtungen stabiler. Aus dem 4-3-1-2 wurde auch später immer wieder ein horizontal kompakteres 4-3-3, mit dem etwas besser nach außen geleitet werden konnte. Dass die Korkut-Elf am Ende der Hinrunde nicht zufällig die zweitbeste Abwehr der Liga stellte, war Ausweis der Stabilisierung und Ergebnis der guten Kompaktheit und Intensität nach dem zu aggressiven Start mit der Raute.
In der Offensive führte die Umstellung trotz eines ordentlichen Starts aber keinen dauerhaften Qualitätssprung herbei, weil sich mit Halfar ein wichtiger Spieler früh verletzte. Zunächst konnte der Ausfall noch einigermaßen kompensiert werden, indem der dribbelstarke Aliji halblinks im Mittelfeld auflief und der schneller nachrückende, breitengebende Gaus in der Abwehr begann. Auch Marlon Frey oder Christoph Moritz konnten mit ihrer Positionierung im Halbraum die FCK-Außenverteidiger im Aufbau noch gut unterstützen und die Verbindungen zu den beiden Stürmern nach vorne in die etwas bessere Präsenz herstellen. Aber als sich zunehmend die Rautenbesetzung mit Ziegler als Sechser, Gaus halblinks und Moritz halbrechts festigte, wurden spielerische Wege nach vorne seltener gefunden. Ziegler verhielt sich im Aufbau immer sehr passiv, fast ausschließlich raumblockend und trug überwiegend nur das Binden eines gegnerischen Sechsers oder Halbstürmers zum Spielaufbau bei. Mit Gaus auf der Halbposition kam zwar mehr Tempo ins Umschalten, aber die schöne Synergie mit dem aufrückenden Linksverteidiger und dem balancierenden, in den engeren Räumen besser geeigneten Aliji fiel weg. Außerdem fehlt es Gaus an Spielstärke und Pressingresistenz.
Mit einem tief aufbauenden Moritz neben dem nur absichernden Ziegler, einem höheren Gaus und dem zu passiven Zehner Stieber entstanden oft 4-2-2-2-Staffelungen. Der FCK spielte sich jetzt öfter hinten fest, lief Gefahr zu viele Spieler hinter dem Ball zu haben und erinnerte in den schlechteren Spielen mit der defensiv stabilen und offensiv harmlosen Raute an eine Tikinaccio-Mannschaft: Die Ballbesitzphasen hatten wohl mehr defensive als offensive Wirkung. Lösungen von hinten nach vorne gelangen aber auch in dieser Phase planvoll durch die Außenverteidiger, die das Anlaufen des Gegners zu ihrem Vorteil nutzten, indem sie sich durch Dribblings nach innen befreiten und neue Passwege nach vorne erschlossen. Die Überlegenheit im Zentrum durch die Raute konnte aber eigentlich nur in ihrer Anfangszeit gegen Stuttgart und Dresden für guten Offensivfußball genutzt werden. Stattdessen litt der FCK sogar an einer schlechteren Balance im Offensivspiel, weil nach dem meistens etwas direkteren Übergang nach vorne vor allem der rechte Achter Moritz viel zu überhastet und weit nach vorne aufrückte. Die großen Löcher im Mittelfeld nach abgefangenen Flanken oder Schussversuchen gegen den gegnerischen Konter zu kontrollieren war praktisch nicht möglich. Nur die um Ziegler und meistens einen tieferen Außenverteidiger verstärkte Endverteidigung fing den schlechten Zugriff im Gegenpressing auf. Die sehr aufmerksamen, individualtaktisch sicheren und ruhigen Innenverteidiger Koch und Ewerton trugen wesentlich zu dieser neuen Stärke bei.
Es passt ins Bild, dass der Schlüsselspieler dieser defensiv sehr stabilen und offensiv nur punktuell gefährlichen FCK-Phase zwar ein Stürmer war, sein Beitrag aber vorrangig in der Defensive lag: Lukas Görtler nahm eine extrem wichtige Balancerolle ein und konnte mit enormer Laufbereitschaft und großer Disziplin immer wieder die rechte Seite nach Ballverlusten und bei Bedarf auch im regulären Pressing schließen. Mit dieser wichtigen Unterstützung der Breitenabdeckung wurde eine Anfälligkeit der Raute immer wieder zuverlässig kompensiert, was vor allem nach langen Bällen auf die weiterhin als Schwachstelle identifizierten Außenverteidiger wichtig war. Außerdem erlaubte Görtler auch reibungslose Umstellungen auf ein dauerhaftes 4-4-1-1, wenn der gegnerische Flügelfokus Überhand nahm. Sein gutes Ballhalten und Wühlen in der Offensive war bei Kontern ebenfalls hilfreich, sodass Görtler einen wichtigen Teil zu der Serie von sieben ungeschlagenen Spielen bis zum letzten Hinrundenspiel des FCK beitrug.
Die Rückrunde startet dank dieser stabilen Leistungen zumindest tabellarisch nicht allzu problematisch. Da viele wichtige Neuzugänge (Moritz, Ewerton, Stieber und Zoua; nur Kerk und Mujdza hängen zurück) ebenfalls aus dem Gröbsten heraus scheinen, wäre eine bessere Rückserie relativ wahrscheinlich gewesen. Korkuts Rücktritt bedeutet für den FCK in der Hinsicht aber neue Unsicherheit und Anpassungszeit. Das schwierige Auftaktprogramm dürfte es Norbert Meier auch nicht leichter machen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger kann Meier jetzt aber auf einem gruppentaktisch tragfähigen Fundament aufbauen: Korkut ist unter schwierigen Umständen eine insgesamt gute, aber wie dargestellt bei näherer Betrachtung ambivalente spielerische Entwicklung gelungen. Vor allem im ersten Drittel der Saison war der Trainer stark gefordert, musste seine Mannschaft mit fünf oder sechs verschiedenen Formationen auflaufen lassen, personell viel improvisieren und oft während der Spiele eingreifen (hervorragendes In-game-Coaching übrigens mit der Umstellung aufs 4-1-4-1 und vor allem der sofortigen Detailkorrektur in der Halbzeitpause gegen Bielefeld). Das stabile, aber zu passive und dauerhaft etwa zehn Meter zu tiefe 5-4-1 gegen Braunschweig stellte dabei vielleicht den größten Kompromiss dar. An diesem Spiel wurde außerdem übersehen, dass der FCK für etwa zehn bis fünfzehn Minuten in der ersten Halbzeit die gewünschte Staffelung errichten konnte und direkt eine Klasse besser im Ballbesitzspiel auftrat als der spätere Herbstmeister. Diese (viel zu kurze) Phase, aber auch über weitere Strecken die Spiele gegen Hannover, Dresden oder Stuttgart deuteten das Potenzial der Konstellation zwischen Korkut und dem spielerisch gar nicht schlecht verstärkten Kader an. Von der nicht wirklich funktionierenden Raute wäre man vermutlich ohnehin wieder abgewichen. Man kann deshalb nicht von einem für beide Seiten verlorenen Halbjahr sprechen, obwohl das überraschende Ende einen bitteren Beigeschmack hinterlässt.
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Einen fast perfekten Abschluss der Hinrunde hat Hannover 96 mit dem Unentschieden gegen Sandhausen im letzten Spiel noch aus der Hand gegeben. Zwar wurde der Sprung auf den ersten Tabellenplatz verpasst, die Leistungssteigerung nach einem Durchhänger führte den Absteiger aber immerhin mit nur zwei Zählern Rückstand auf den zweiten Platz. Dabei ging die Tendenz zwischenzeitlich eher dahin, den Abstand auf Braunschweig und Stuttgart nicht auf bis zu acht Punkte anwachsen zu lassen. Nach dem spielerisch guten Start und zwei (etwas zu hohen) Siegen hatte 96 vor allem im Spielaufbau komplett den Faden verloren und verließ sich auf eine direkte Spielweise nach vorne sowie die überlegene Qualität der Einzelspieler. Die Tiefe des Kaders und die hervorragende Fitness der Mannschaft reichten in dieser Phase zwar für knappe Siege gegen strauchelnde Mannschaften oder späte Ausgleichstore, konnten die Defizite im Ballbesitzspiel aber auch nicht dauerhaft überdecken. 96 ist immer in der Lage, den Gegner in den letzten Spielminuten zu erdrücken, hatte aber mit den vorangegangenen Spielphasen größere Probleme als gedacht. Entgegen des gängigen Narrativs lässt sich deshalb argumentieren, dass nicht so sehr der Hinrunden-Schlussspurt, sondern die Phase um Niederlagen gegen Nürnberg und Union das Resultat der Anpassung an die zweite Liga darstellte. 96 hatte nicht „endlich die zweite Liga angenommen“, sondern sein Spiel dem Zweitliga-Durchschnitt zunehmend angeglichen und sich damit seiner Vorteile beraubt.
Eine weitere gängige Erzählung muss ebenfalls entkräftet werden: Dem Stendel-Team mangele es an einer klaren Spielidee, lautete der vielleicht prominenteste Vorwurf während der wackligen Phase ab dem fünften Spieltag. Die grundsätzliche Spielanlage blieb aber auch in den schwierigeren Wochen mit glanzlosen Siegen unverändert. Mit sehr hohen Außenverteidigern im Aufbau und einem tief unterstützenden Sechser sollte es zügig, aber möglichst ohne lange Bälle nach vorne gehen, wo die Wucht der Offensivspieler und gewisse Angriffszüge in die Tiefe zu sehr vielen Abschlüssen führen würden. Stendel fordert konsequenterweise ein sehr intensives Gegenpressing mit durchaus riskant aufrückenden Spielern hinter dem Ball als Versicherung für den Fall des Ballverlustes ein, das auch für die zweite Angriffswelle genutzt werden soll. Mit hohem, aggressivem Pressing wird auf Spielkontrolle abgezielt und der Ballgewinn forciert. Tempo und Konsequenz nach vorne sind die obersten Gebote des 96-Spiels. Der Trainer betonte vor der Saison selber, viel Ballbesitz haben zu wollen, scheint damit aber nicht unbedingt klassischen Kontroll-Fußball zu meinen: Es geht stattdessen um kürzere, aber eben auch sehr zahlreiche Ballbesitzsequenzen mit viel Druck nach vorne und aggressivem Nachsetzen. Dieser Ansatz fügt sich ziemlich gut in das ein, was Stendel selber „emotionalen Fußball“ nennt.
Dass Hannover diesen Weg nicht so erfolgreich durchziehen konnte, wie die Vorbereitung und die ersten Pflichtspielen hoffen ließen, lag aber wohl zum Teil an der Anfälligkeit dieses Stils dafür, in wichtigen Details an Konstanz zu verlieren. Im Fall der 96-Hinrunde waren es vor allem die Bewegungen und das Positionsspiel der Offensivkräfte, die dem Hannoverschen Spiel zunehmend den Zahn zogen und zum Eindruck von Planlosigkeit führten. Interessanterweise ging die sukzessive Verschlechterung des 96-Spiels nämlich eher von vorne nach hinten, anstatt die übliche entgegengesetzte Richtung zu nehmen. Während das weite Aufrücken der Außenverteidiger zu Beginn der Saison noch vom Ballfordern der Flügelspieler und einem etwas tieferen Zehner kompensiert wurde und 96 durch die Halbräume immer wieder Wege nach vorne fand, schlichen sich im letzten Drittel überhastete Aktionen ein. 96 konnte vor allem gegen eher tief stehende Gegner das Mittelfeld horizontal strecken und hatte mit zwei spielstarken Sechsern auch genug Ruhe am Ball, um auf Lücken zu warten und den Ball währenddessen in den eigenen Reihen zu halten. Weiter vorne wurde dann aber zu ungeduldig der Weg in die Tiefe oder die frühe Flanke gesucht.
Dieser immer nur vorübergehende Mangel an klaren Torchancen wurde mit direkteren Übergängen aus dem Mittelfeld nach vorne zu beheben versucht. Die schlechtere Vorbereitung des Durchbruchs verminderte nicht nur die Chancenqualität, sondern ging auch zulasten der Stabilität, da 96 mit den größeren Abständen vorne auch weniger Zugriff im Gegenpressing erreichte. Schnelles Unterdrücken des gegnerischen Konters ist bei einem so offensiv ausgerichteten Spiel mit sehr hohen Außenverteidigern und einer weit aufgerückten Mannschaft aber existenziell wichtig. 96 war ohne diese Griffigkeit noch ein wenig stärker für Konter anfällig als vorher. Teilweise als Fortsetzung der Rhythmusprobleme im Angriff, teilweise auch begünstigt durch das – vor allem auf den Flügelpositionen – immer öfter zu Gunsten weniger spielstarker Akteure ausschlagende Pendel bei Personalentscheidungen (das wiederum vielleicht auch wegen des direkter werdenden Spiels) setzten sich Hannovers Probleme nach hinten fort: Der Übergang vom Aufbau aus der Dreierreihe mit einem abkippenden Sechser zu den Angreifern wurde direkter, 96 wählte zunehmend die erstbeste Gelegenheit zum Pass in die Tiefe. (Wenn der Motor im „emotionalen Fußball“ quasi überdreht und es für den einzelnen Spieler schwierig wird, ab und an einen Gang zurückzuschalten.)
Die vorher schon immer angedeuteten Probleme bei der Zentrums- bzw. Zwischenlinienraumbesetzung wurden erst wegen schwankender Leistungen von Maier und dann wegen der Umstellung auf ein 4-4-2 mit zwei klaren Stürmern (und der Doppelsechs Bakalorz-Sané) immer prägnanter, sodass Hannover die Anspielstationen im Mittelfeld verlor und mit deutlich mehr langen Bällen operieren musste. 96 war tatsächlich „ in der zweiten Liga angekommen“ und brachte seine technische Überlegenheit im Kader kaum noch auf den Platz, sondern setzte auf Offensivpräsenz, Wucht und zweite Bälle. Ordentliche Übergangslösungen in Form teils massiver Flügelüberladungen oder kleinerer Bewegungsroutinen auf den Flügeln nach langen Bällen stabilisierten sowohl den Angriffsvortrag als auch das Gegenpressing, versprachen aber auch nicht die hohe Offensivproduktivität vom Saisonstart. Treffer nach Standardsituationen und spät erzielte Kontertore verhinderten, dass sich diese spielerisch bescheidene Mittelphase zu einem größeren Problem für das Saisonziel entwickelte.
Trotz der Favoritenrolle in den meisten Spielen, aber wegen des eher auf vielen schnellen Angriffen basierenden Spielkonzepts bekam 96 auch oft genug die Gelegenheit, die gelungene Anpassung des eigenen Pressings an die Umstände der zweiten Liga zu demonstrieren. Im Gegensatz zu den ersten Spielen unter Stendel in der Abstiegssaison störte Hannover den Gegner wie erhofft weniger plump-mannorientiert und mit sozusagen wohldosierter Aggressivität. Gegen den weniger umfassenden gegnerischen Spielaufbau startete 96 sein Pressing „nur noch“ knapp vor der Mittellinie in der gegnerischen Hälfte, um nach bestimmten Quer- oder Rückpässen intensiv aufzurücken. Aus dem kompakteren, raumorientierteren 4-4-2 leitete Hannover das Spiel sehr gut nach außen weg und ordnete sich dann recht eng den ballnahen Anspielstationen zu. So entstanden je nach gegnerbedingter Variation 4-1-3-2- und seltener 4-3-1-2-Staffelungen mit einem herausrückenden Sechser. Das Aufrücken ins Angriffspressing führte zwar nur gegen Dresden und später Aue zu hohen Balleroberungen und schnellen Umschaltangriffen, untermauerte ansonsten aber einigermaßen zuverlässig die Spielkontrolle. Mit der Doppelsechs Schmiedebach-Bakalorz funktionierte auch die Aufteilung für lange Bälle und Abpraller besser, sodass nur die Konteranfälligkeit als logische Folge des unruhigen, rumpeligen Ballbesitzspiels die defensive Stabilität beeinträchtigte. Mit einem insgesamt aktiven (Gegen-) Pressing, das von vielen aufrückenden Bewegungen lebt, geht natürlich immer die Gefahr mangelnder Unterstützung für die Außenverteidiger einher. Die Innenverteidiger haben immerhin noch einander (und den tieferen Sechser), ihre äußeren Kollegen sind sozusagen allein. Systematische Schwächen, in Abgrenzung von jener vom System reproduzierten inhärenten Anfälligkeit, zeigte Hannover gegen den Ball erst am Ende der Hinrunde in Gestalt zu enger Mannorientierungen der Flügelspieler.
In diesen letzten vier oder fünf Spielen steigerte sich 96 andererseits aber im Ballbesitzspiel, was für das Erreichen des direkten Aufstiegs dringend erforderlich war und ist. Den ersten Schritt zurück zur spielerischen Linie hatte 96 im DFB-Pokal gefunden, als der bewegliche Sobiech mit dem spielstarken Maier auf dem rechten Flügel die Lücken im Düsseldorfer Zwischenlinienraum nutzte. Ohne Druck auf die Aufbauspieler kam 96 wieder in die aus dem Sommer gewohnte Struktur mit bespielbaren Halbräumen und spielte sich in bessere Abschlusspositionen. Gegen weniger passive Gegner als die damalige Fortuna brauchte 96 in der Liga noch ein wenig, überzeugte aber auch gegen Heidenheim, Stuttgart und Sandhausen zumindest phasenweise mit mehr (manipulierenden) Freilaufbewegungen im Mittelfeld, einer weniger gestreckten Formation und einem insgesamt klareren Auftreten im Angriff (gegen den VfB mit planvollen und gut vorbereiteten langen Bällen hinter die Abwehr). Schon in den Wochen zuvor hatte sich der aufbauende Sechser nicht mehr schematisch zwischen die Innenverteidiger fallen lassen, sondern auch wegen etwas tiefer angebundener Außenverteidiger die Präsenz im Sechserraum erhöhen können. Diese kleinen Korrekturen im Bewegungsspiel und in der Raumbesetzung sowie die Rückkehr in die Startelf von Karaman als Halbstürmer oder Flügelspieler summierten sich, sodass Hannover wieder harmonischeren, ruhigeren Fußball spielte.
Ein aussagekräftiges Detail stellte auch die Einbindung von Torwart Tschauner bei hohem gegnerischem Druck dar: Hatten sich die Abwehrspieler über weite Strecken der Hinserie nicht an Rückpässe und der Schlussmann nicht an flache Zuspiele unter Druck herangewagt, zeigte Tschauner jetzt mehr Mut und Besonnenheit am Ball. Mit der Nutzung einer zusätzlichen Anspielstation konnte Hannover am Ende der Hinrunde erstmals hohen Gegnerdruck konstruktiv auflösen, was bis dahin kaum gelungen war und zum unruhigen 96-Spiel beigetragen hatte. Sollte 96 all diese positiven Ansätze in der Rückrunde ausbauen und stabilisieren können, sind die Aussichten auf den erhofften Erfolg weiterhin gut.
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Ist die zweite Liga besser als ihr Ruf?
Geht so. Man sollte nicht von den dargestellten Unterschieden zwischen den Teams darauf schließen, eine taktisch wahnsinnig vielfältige Zweitliga-Hinrunde mit unverwechselbaren Mannschaften verpasst zu haben. Der Sinn von Analysen besteht schließlich im Eindampfen der Beobachtungen auf den relevanten Kern (bzw. das, was dafür gehalten wird): Je besser die Analyse, desto mehr langweiligen Quatsch lässt sie weg. Den langweiligen Quatsch oder den normalen Standardkram, den jede Mannschaft in jedem Spiel über mehr oder weniger weite Strecken zeigt, muss man in seiner Vorstellung ergänzen, um einem typischen Spiel der jeweiligen Mannschaft nahezukommen. In der 2. Liga gibt es davon mehr als eine Liga höher. Dementsprechend ist es für den neutralen Fußball-Fan keine schlechte Idee, sich erst von irgendwelchen nützlichen Idioten die Mannschaften herausfiltern zu lassen, die mit einigermaßen großer Wahrscheinlichkeit am wenigsten langweilen, um dann gezielter gucken zu können.
Gern geschehen.
Wow. Ich les‘ am Wochenende noch einmal in Ruhe, aber seid schon jetzt gepriesen für eure Mühe, ihr nützlichen Idioten! Wobei ich Aue ja schon vorher besonders spannend fand. 😉
Welcome Idiots und ein gutes neues Jahr. Danke für den besten Stuff seit langem.
Ein Gefühl sagt mir, dass, falls aufgestiegen wird, diese Seite ihr Scherflein dazu beigetragen haben wird.
Und es hat das Niveau die Fußballbetrachtung in Hannover über den „langweiligen Quatsch oder den normalen Standardkram“ hinaus zu befördern.
Zum Diskurs tragen wir vermutlich sehr wenig, zum Aufstieg aber ganz sicher nichts bei ;).
Du wirst Recht haben, vermutlich stimmt mal wieder was mit meinen Gefühlen nicht.
Die SV hat diesen Artikel verlinkt:
http://www.facebook.com/Spielverlagerung
Vermutlich unautorisiert – dann könnt Ihr die mal so richtig verklagen!
@AlbertC Glaub mal, bei den bekannten hannöverschen Erzeugnissen will man von so detailliertem Kram nix wissen. Trifft halt nicht die relevante Zielgruppe.
Umso schöner, dass es solche Plattformen gibt, auf denen Nerds geilen Shit für die uncooleren Nerds schreiben 😀 Schön auch, dass man so mal gewisse Over- und Under-Performances ableiten kann, um ein paar grobe Erwartungen hinsichtlich des Rückrundenverlaufs zu definieren.
Dicken Dank auf jeden Fall! 🙂
[…] in Sachsen auch niemand gedacht. Weil wir uns jetzt ja gemeinsam an die zweite Liga gewöhnt haben, sei noch der Artikel über die Wahrheit oder Unwahrheit der Klischees im Unterhaus ans Herz zu legen. Obwohl er etwas älter ist UND von einem Podcast aus Hannover stammt. Danke an Niemalsallein, […]