1.FC Heidenheim – 96 0:2

Heidenheim geht vielleicht ein bisschen zu große taktische Kompromisse ein und Hannover schießt zwei schnelle Tore zum Sieg.

Ambivalente Heidenheimer Manndeckungen

Die in der Rückrunde etwas unrund laufenden Heidenheimer gingen mit einer defensiven Fünferkette ins Spiel. Damit griff ihr Trainer Frank Schmidt auf die Abwehrvariante zurück, die auch die beiden letzten 96-Gegner angewendet hatten. Doch die Heidenheimer füllten diese für sie eher ungewöhnliche Formation natürlich mit ihren charakteristischen Elementen aus und unterschieden sich dadurch insbesondere von Aue: Die Schwaben erwarteten Hannover mit einem nur manchmal (und dann Heidenheim-untypisch unsauberen) aufrückenden, tiefen 5-4-1-Mittelfeldpressing. Stürmer Verhoek verstellte den von Anton besetzten Sechserraum und versuchte, die Innenverteidiger voneinander abzuschneiden. Hinter ihm zeigten sich die Gastgeber gewohnt mannorientiert und vor allem auf den Außenbahnen phasenweise manndeckend, mit der Fünferkette aber im Zentrum sogar noch etwas radikaler: Die Halbverteidiger Wahl und Theuerkauf rückten oft in den Zwischenlinienraum nach vorne (vor allem Theuerkauf gegen Harniks Bewegungen vor der Abwehr) und verfolgten auch den ausweichenden Füllkrug oder zum Beispiel den nachrückenden Bakalorz relativ stringent und weit. In längeren Ballbesitzphasen Hannovers ließen sich zudem die beiden Flügelspieler Kleindienst und Schnatterer nach hinten fallen, sodass sich tiefe Sechser- und Siebenerreihen ergaben. Ließ sich 96 angesichts des geringen Drucks auf die Aufbauspieler zum Andribbeln und schnellen Spiel in die Tiefe (auch mit langen Bällen) oder zu simplen Angriffsversuchen über die moderat vorgeschobenen Außenverteidiger verleiten, zeigten sich die Heidenheimer mit ihren klaren Zuordnungen, gutem Verschieben, dem konsequenten Verfolgen der Gegenspieler in die Tiefe und der wie gewohnt aufmerksamen Unterstützung füreinander stabil. Da Hannover nur selten die Verlagerung oder den strategischen Rückpass gegen den zurückgezogen verteidigenden Gegner suchte und bei seinem bevorzugt schnellen Angriffsrhythmus blieb, fand die Breitenreiter-Elf aus dem Spiel heraus insgesamt nicht allzu oft in gefährliche Abschlusspositionen.

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Bereits in der relativ torungefährlichen Anfangsphase zeigten sich aber auch die Schattenseiten des mitunter zu radikalen Manndeckungsprinzips der Gäste. Sogar Innenverteidiger Wittek ließ sich manchmal weit aus der Position ziehen und hinterließ Lücken im Verbund, die Sechser Gnaase nicht immer schließen konnte. Wie schon gegen Düsseldorf zeigte 96 insbesondere um Harnik herum Ansätze, solche Bewegungen zu provozieren und die freigewordenen Räume zu attackieren. Mit schnellen und direkten Kombinationen gegen den nach langen Bällen höher im Feld nachsetzenden Gegner, der wegen des zusätzlichen Abwehrspielers natürlich weiter vorne einen Akteur weniger im Gegenpressing hatte und dabei vor allem den linken Flügelverteidiger Feick zum extrem weiträumigen Herausrücken nutzte, ließen sich die Schwächen der Mannorientierungen ebenfalls aufdecken. Schließlich sind es auch kleinere Situationen wie vor dem 96-Führungstor durch Harnik, in der ein Übergeben des 96-Stürmers von Theuerkauf an Wahl die bessere Variante gewesen wäre, die die Anfälligkeit von zu starken Mannorientierungen aufzeigen. Da Wahl aber Klaus verfolgte, der wiederum von Theuerkauf viel einfacher zu verteidigen gewesen wäre, konnte Harnik Pribs Flanke ins Tor drücken und 96 über die kritische Schwelle des Führungstors hieven.

Die Gastgeber fanden auch wegen ihrer tiefen Verteidigungslinie nur schwer in erfolgversprechende Konter und beraubten sich damit ihrer aussichtsreichsten Offensivwaffe: Bei Balleroberungen am eigenen Strafraum war nicht nur der Weg zum gegnerischen Tor zu weit, sondern auch die Offensivpräsenz mit nur einem Stürmer gegen meistens drei 96-Spieler zu gering für schnellen Raumgewinn. Die deshalb manchmal nötigen Rückpässe brachten das aufgerückte 96 wiederum in die Position, selber nachzusetzen und die Spielkontrolle auszubauen. Bei etwas höheren Heidenheimer Balleroberungen oder nach zweiten Bällen in der eigenen Hälfte wirkte sich zudem die Positionierung der Flügelspieler negativ auf ihre Umschaltmöglichkeiten aus. Der generell enger orientierte Schnatterer und der im Ballbesitz eher diagonal aufrückende Kleindienst fielen als Anspielstation auf dem potenziell freieren Flügel meistens weg, sodass die Schmidt-Elf auf die aufrückenden Flügelverteidiger warten oder den Pass in die von 96 gut genug abgesicherten Räume wagen musste. Ihr eher auf zweite Bälle ausgerichtetes Aufbauspiel mit engen Flügelspielern und dem nachsetzenden Griesbeck brachte ihre formationsbedingten Vorteile im ersten und zweiten Drittel gegen Hannovers erneut mal engagiert-aggressives und mal doch eher abwartendes 4-4-2-Pressing nicht wirklich zur Geltung, obwohl sie auch flache Aufbaurouten auf die hohen Flügelverteidiger zeigten. Da Hannover mit dem kompakteren Verbund und den tieferen Mittelfeldspielern aber die folgenden Flanken der FCH-Flügelverteidiger mit Ausnahme der Szene vor dem Abseitstor problemlos verteidigte, konnten lediglich Standardsituationen und einzelne Schnatterer-Szenen für offensive Akzente der Gastgeber sorgen. Den Rest hat Anton weggesaugt (er soll übrigens endlich wieder Innenverteidiger spielen).

Schmidt stellt um, aber es ist zu spät

Nach einer halben Stunde ging Schmidt zurück zum 4-4-2-Standardsystem, schickte Gnaase vorübergehend auf den Flügel, Kleindienst in den Sturm und Theuerkauf (bis zum Wechsel Halloran für Wittek) neben Griesbeck vor die Abwehr. An der Raumbesetzung im Aufbau und Ballbesitz änderte sich zwar vor allem wegen Feicks offensiver Positionierung und Schnatterers umtriebiger Rolle wenig, die Absicherung fiel aber formationsbedingt geringer aus. Mit mehr Offensivkompaktheit, verbessertem Gegenpressingzugriff und insgesamt besser sitzenden Abläufen (auch im jetzt höheren Pressing) wurde Heidenheim auch tatsächlich dominanter, konnte seine Offensivpräsenz länger halten und kam in bessere Abschlusspositionen. Mit einem Verteidiger weniger sahen sich die Gäste aber auch zunehmend Kontern von 96, dem diese Spielgeschichte gut passt, gegenüber. Auch in der zweiten Halbzeit hielt Heidenheim dieses leichte Übergewicht weitgehend bei und kam zu ein paar ordentlichen Abschlüssen. Doch 96 verwaltete die Führung und vergab gegen den aufrückenden Gegner noch ein, zwei Konteransätze, die aber allein schon wegen der Entfernung zum Tor nicht überschätzt werden sollten. Da Heidenheim nur die Querlatte traf blieb ein wichtiger, in der ersten Halbzeit zu gut scheinender, aber trotzdem ungefährdeter Sieg für 96 bestehen.

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